# taz.de -- Entscheidung des EU-Gerichtshofs: Tofu ist kein Käse
> Nur tierische Milcherzeugnisse dürfen „Butter“ und „Käse“ heißen,
> urteilen die Richter in Luxemburg. Für Fleisch gibt es keinen
> Begriffsschutz.
IMG Bild: Ist das Milch oder kann das weg?
KARLSRUHE taz | „Tofubutter“ und „Pflanzenkäse“ sind keine zulässigen
Bezeichnungen für vegane Lebensmittel. Dies entschied jetzt der Europäische
Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Die Begriffe „Milch“, „Butter“ und „Käse“
seien tierischen Produkten vorbehalten.
Konkret ging es um Produkte der deutschen Firma [1][Tofutown]. Diese war
von einem Wettbewerbsverband abgemahnt worden, weil sie Produkte wie
„Tofubutter“, „Planzenkäse“ und „Veggie-Cheese“ vertreibt. Dies verstoße
gegen EU-Recht.
Tatsächlich schreibt die EU-Verordnung über die gemeinsame
Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse schon lange vor, dass
der Begriff „Milch“ grundsätzlich nur verwendet werden darf, wenn das
Produkt [2][tierischen Ursprungs] ist. Das Gleiche gilt für
Milcherzeugnisse wie Käse, Butter, Rahm und Joghurt.
Auf Vorlage des Landgerichts Trier entschied nun der EuGH, dass die
EU-Verordnung die Verwendung von Begriffen wie Tofubutter und Pflanzenkäse
ausschließt. Auch klarstellende Begriffszusätze wie „Tofu-“ und „Pflanzen-“
könnten eine Verwechslungsgefahr nicht sicher ausschließen. Das Verbot
gelte auch für Begriffe wie „Rice-Cream“ (Reis-Sahne). Zwar sei der Begriff
„Sahne“ in der Verordnung nicht ausdrücklich erwähnt, er entspreche aber
dem Begriff „Rahm“.
Die Richter verwiesen auf ein eigenes Urteil von 1999. Damals untersagte
der EuGH, dass die Diätmarke „becel“ einen „Diätkäse“ verkaufen durfte.
Dort wurde ein Teil der tierischen Fette mit gesättigten Fettsäuren durch
pflanzliche Fette mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren ersetzt. Erst
recht, so der EuGH, gelte das Verbot für Produkte, die ausschließlich aus
pflanzlichen Produkten hergestellt wurden.
## „Erdnussbutter“ ist ok
Es gibt zwar Ausnahmen vom strengen Begriffsschutz für Milcherzeugnisse.
So dürfen Produkte durchaus Namen wie „Erdnussbutter“ oder „Fleischkäse“
tragen. Diese Ausnahmen sind aber abschließend in einer Liste enthalten,
die – auf Vorschlag der EU-Mitgliedsstaaten – von der Europäischen
Kommission geführt wird. „Tofubutter“ und „Pflanzenkäse“ stünden nicht auf
der Liste, so der EuGH. Die Liste könne aber auch geändert werden, wenn
„aufgrund geänderter Verbrauchererwartung“ nachweislich ein Bedarf bestehe,
trösteten die Richter.
Das Urteil gilt nur für Milchprodukte. Für Fleischprodukte gibt es keinen
vergleichbaren Begriffsschutz. Veggie-Würste dürfen also weiterhin verkauft
werden. Darin liegt, so der EuGH, auch keine unzulässige
Ungleichbehandlung, denn jeder landwirtschaftliche Sektor unterliege
eigenen Regeln.
„Wir betrachten uns trotz des Urteils als Sieger der Herzen“, erklärte
Bernd Drosihn, Geschäftsführer von Tofutown, „weil wir so viel positives
Feedback erhalten haben und niemand den Sinn der gesetzlichen Regelung
wirklich versteht“.
Der Vegetarierbund (VeBu) hielt das Urteil „aufgrund des strikten
Wortlautes der Verordnung“ für „erwartbar“. Die angestoßene Debatte zeige
jedoch, „dass ein Verbot nicht mehr zeitgemäß ist“. Der
Milchindustrieverband hofft, dass die Lebensmittelüberwachung nun „stärker
als bisher gegen die vermehrte Verletzung des Bezeichnungsschutzes“
vorgeht.
Der Deutsche Bauernverband fordert vom Gesetzgeber schärfere Regeln für
Fleisch- und Wurstprodukte und ein „eindeutiges Bekenntnis zum Original“.
Da zunehmend vegetarischer und veganer Fleisch- und Wurstersatz mit
Begriffen wie „Schinken“ oder „Schnitzel“ auf den Markt komme, müsse dort
ein ähnlicher Bezeichnungsschutz wie bei Milcherzeugnissen eingeführt
werden.
Ende 2016 hatte Agrarminister Christian Schmidt (CSU) angekündigt, dass er
Begriffe wie „vegane Currywurst“ oder „veganes Schnitzel“ verbieten will.
Vermutlich wäre aber auch hier eine EU-einheitliche Regelung erforderlich.
14 Jun 2017
## LINKS
DIR [1] /Vegane-Lebensmittel/!5416306
DIR [2] /Kommentar-EuGH-Urteil-vegane-Produkte/!5418289
## AUTOREN
DIR Christian Rath
## TAGS
DIR Vegetarismus
DIR Europäischer Gerichtshof
DIR Veganismus
DIR Milch
DIR Milch
DIR Soja
DIR Vegetarismus
DIR EuGH
DIR Vegetarismus
DIR Pflanzen essen
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Milchkonsum in Deutschland sinkt: Veganer freuen sich
Die Deutschen haben 2018 im Schnitt drei Prozent weniger Milch getrunken.
Das werde das Leiden von Kühen reduzieren, loben Tierrechtler.
DIR „Sojakäse“ selbst herstellen: Tofu mag keinen Stress
Er gilt als Moralistenmahlzeit, als fader Fleischersatz. Das ist Quatsch,
wissen die Berliner „TofuTussis“ – und zeigen in Workshops, wie man Tofu
selbst macht.
DIR Benennung von Fleischersatzprodukten: Veganes Rinderfilet sagt man nicht
Ob fleischloses Cevapcici oder vegetarische Salami: Im Haus von
CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt gibt es Streit über die zulässigen
Namen.
DIR Kommentar EuGH-Urteil vegane Produkte: Mmmmh, Eutersekrete!
Nur Produkte aus der „normalen Eutersekretion“ von Tieren dürfen Milch,
Joghurt und Käse heißen. Lecker! Ein Milchverbot wäre besser.
DIR Vegane Lebensmittel: Zoff um das Euter
Ist es Täuschung, wenn ein Hersteller vegane Bioprodukte „Veggie-Cheese“
nennt? Am Mittwoch entscheidet der Europäische Gerichtshof.
DIR Kolumne Pflanzen essen: Tierliebe geht durch den Darm
Wie wichtig die Darmflora für unser Wohlbefinden ist, wird immer bekannter.
Für vegan lebende Menschen sind das gute Nachrichten.