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       # taz.de -- Nach Schüssen auf US-Abgeordneten: „Erst beten, dann Baseball spielen“
       
       > Bei einer Schießerei nahe Washington werden hochrangige politische
       > Unterstützer der Schusswaffenlobby verletzt. Der Täter kam ums Leben.
       
   IMG Bild: Gute Waffen, schlechte Waffen? Szene nach dem Angriff auf dem Baseballplatz
       
       New York taz | Die 154. Massenschießerei dieses Jahres in den USA traf
       keine Schulkinder oder KinobesucherInnen, sondern hochrangige politische
       Unterstützer der Schusswaffenlobby beim Baseball-Training. Bei dem Angriff
       am Mittwochmorgen auf einem Sportplatz in Alexandria, 10 Kilometer
       Luftlinie vom Kapitol der US-Hauptstadt entfernt, wurde der Fraktionschef
       der republikanischen Partei im Repräsentantenhaus, Steve Scalise, mit einem
       Hüftschuss schwer verletzt. Ein Kongressmitarbeiter, ein Lobbyist und eine
       Polizistin wurden ebenfalls verletzt.
       
       Der Täter, ein 66-jähriger, weißer Mann aus Illinois, der auf Facebook
       gegen Donald Trump und die republikanische Partei gewettert und der im
       Wahlkampf den demokratischen Sozialisten Bernie Sanders unterstützt hatte,
       kam bei dem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben. Ein Foto zeigt ihn mit
       einem Transparent mit der Aufschrift: „Besteuert die Reichen“.
       
       Direkt nach der Schießerei sagte das Repräsentantenhaus ein Hearing mit
       einem Repräsentanten der Schusswaffenlobby NRA (National Rifle Association)
       am selben Tag ab. Es wäre das erste Hearing der Trump-Ära gewesen, das die
       im Wahlkampf versprochenen Erleichterungen für den Schusswaffenhandel in
       den USA einleiten sollte. Im konkreten Fall geht es um ein Gesetz zum
       einfacheren Verkauf von Schalldämpfern für Schusswaffen.
       
       Doch schon am Nachmittag versicherten Republikaner, dass sie ihre
       Positionen zu Schusswaffen nicht verändern werden. Mo Brooks, ein
       Abgeordneter, der beim Baseballtraining ebenfalls anwesend war und sich zum
       Schutz vor dem Angreifer auf den Boden gekauert hatte, sagte: „Wir brauchen
       den zweiten Verfassungszusatz, um unsere Republik sicher zu machen“.
       
       Der demokratische Gouverneur von Virginia, Terry McAuliffe, war einer der
       wenigen Politiker, die bei einer Pressekonferenz den naheliegenden Satz
       „Auf unseren Straßen sind zu viele Schusswaffen“ äußerten. Dafür wurde er
       von zahlreichen Seiten wegen angeblicher Ausschlachtung einer Katastrophe
       kritisiert. Sanders gab im Senat eine kurze Erklärung ab, in der er den
       Angriff scharf verurteilte.
       
       ## Scalise ist Trump-Unterstützer der ersten Stunde
       
       Donald und Melania Trump brachten am Abend sowohl dem verletzten
       Abgeordneten Scalise und seiner Frau Blumen ins Krankenhaus, als auch der
       verletzten Polizistin Crystal Griner und ihrer Frau. In einem Statement zu
       Scalise fand Trump ungewöhnlich einfülsame Worte. „Du hast Amerika und die
       ganze Welt hinter dir“, versicherte er dem Abgeordneten.
       
       Scalise gehört zum radikal rechten Flügel der Republikanischen Partei und
       ist ein Trump-Unterstützer der ersten Stunde. Im Wahlkampf lief der
       51-jährige Abgeordnete aus Louisiana mit der roten „Make America great
       again“-Schirmmütze herum. Nach Trumps Wahl unterstützte er die Projekte des
       neuen Präsidenten. Unter anderem will er das Recht auf Abtreibung weiter
       einschränken und den Familienplanungszentren die staatliche Unterstützung
       entziehen. Außerdem ist er ein Befürworter des „Muslim-Verbotes“. Scalise
       hat vor Jahren bei einer von dem Rechtsradikalen David Duke organisierten
       Versammlung gesprochen. Die Rüstungslobby NRA empfiehlt ihn den Wählern mit
       ihrer Bestnote A+.
       
       Das Baseballtraining in Alexandria war die letzte Vorbereitung für ein
       Benefizspiel von republikanischen gegen demokratische Abgeordnete, das am
       Donnerstag im Nationals Park Baseballstadion in Washington stattfinden
       soll. Politiker beider Parteien entschieden unmittelbar nach der
       Schießerei, dass sie an dem Benefizspiel festhalten werden. „Wir werden
       erst beten und dann Baseball spielen“, sagte der republikanische
       Abgeordnete Roger Williams, „schließlich ist dies Amerika – das
       großartigste Land der Welt“.
       
       Am Mittwochabend gingen republikanische und demokratische Abgeordnete, die
       gewöhnlich spinnefeind sind, zu gemeinsamen Fernsehinterviews, zeigten ihre
       Freundschaft und versicherten, dass ein Angriff auf einen von ihnen ein
       Angriff auf alle sei.
       
       Bei so viel parteiübergreifendem Schulterschluss ging die
       Schusswaffengewalt weitgehend unter. Die USA haben mehr Schusswaffen als
       Einwohner. In diesem Jahr hat die Gewalt mit Schusswaffen bereits zu 27.893
       Zwischenfällen mit 6.895 Toten geführt, wie die unabhängige Gruppe „[1][Gun
       Violence Archive“] erfasst hat.
       
       15 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gunviolencearchive.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
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