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       # taz.de -- Antisemitismusexperte über Arte-Doku: „Propaganda als Dokumentation“
       
       > „Ausgewählt und ausgegrenzt“ identifiziere Antisemitismus mit
       > Israelkritik, sagt Moshe Zimmermann. Es mangele der Doku an
       > Ausgewogenheit.
       
   IMG Bild: Israelkritik ist häufig durch Antisemitismus vorbelastet
       
       taz: Herr Zimmermann, die [1][Arte-Dokumentation „Auserwählt und
       ausgegrenzt“] ist in Deutschland lebhaft diskutiert worden. Wurde die
       Debatte auch in Israel wahrgenommen? 
       
       Moshe Zimmermann: In Israel wurde der Film nur ganz am Rande wahrgenommen.
       Diese Diskussion war für die Israelis weniger interessant. Anders ist das
       bei der Regierung, für die der Film sehr wichtig ist.
       
       Sie sagen, der Film sei ganz im Sinne des Ministeriums für strategische
       Angelegenheiten. Wo sehen Sie ein Problem? 
       
       Wenn bloße Propaganda dem Zuschauer als Dokumentation angeboten wird, dann
       ist das ein Problem. Das, was der Film als Zeugen bietet, ist mehr oder
       weniger repräsentativ für die Richtlinie der israelischen Propaganda oder
       der israelischen Politik. Hier wird der Versuch unternommen, für den
       Antisemitismus die Linken, die Araber und die Muslime verantwortlich zu
       machen. Man identifiziert Antisemitismus weitgehend mit Israelkritik. Das
       ist nicht nur einseitig, sondern im Prinzip falsch. Die Hauptgefahr, wenn
       es um Antisemitismus geht und um Rassismus, kommt noch immer aus dem
       rechten Flügel und nicht von Randgruppen wie Flüchtlingen, Einwanderern und
       Linken.
       
       Auf welche Szenen in dem Film beziehen Sie sich mit Ihrem Vorwurf, hier
       werde Propaganda gemacht? 
       
       Wenn man den Zuschauer nicht darauf aufmerksam macht, dass der angeblich
       neutrale Offizier, der in dem Film das Verhalten des israelischen Militärs
       während des Gazakriegs verteidigt, der Chef einer NGO ist, die die
       regierungskritische Gruppe Breaking the Silence bekämpft, dann muss man das
       Propaganda nennen. Man hätte klar sagen müssen, worauf dieser Offizier
       abzielt oder man hätte die andere Seite zu Gehör bringen sollen. Beides ist
       nicht geschehen.
       
       Kann ein Film über Antisemitismus ausgewogen sein? 
       
       Wenn es um die Frage geht, woher der Antisemitismus kommt, wo die
       Schwerpunkte liegen, was eigentlich Antisemitismus ist, dann ist
       Ausgewogenheit oder besser Sachlichkeit geboten. Das fehlte in diesem
       Film.
       
       Erst der Streit über die Ausstrahlung hat dem Film eine internationale
       Karriere beschert. Was halten Sie von der Entscheidung, den Film zunächst
       nicht auszustrahlen? 
       
       Die falsche Entscheidung war, den Entstehungsprozess des Films nicht zu
       begleiten. Als der Film als fertiges Produkt vorlag, war es
       selbstverständlich falsch, Zensur auszuüben. Wer zensiert, setzt sich
       selbst ins Unrecht und in die falsche Diskussion. Anstatt über
       Antisemitismus zu reden, geht es nun um Zensur. Das ist für eine sachliche
       Diskussion zum Thema Antisemitismus natürlich sehr gefährlich.
       
       Woher rührt dieser aufgeregte Meinungskampf um Israel und die
       Palästinenser? 
       
       Es geht um die Diskrepanz zwischen dem, was man über Israel weiß, und dem,
       was die politische Elite für angemessen oder politisch korrekt hält. In
       dieser Spannung ist die Stimmung in Deutschland angeheizt. Der gezielte
       Versuch der israelischen Regierung, den Ton der Diskussion zu beeinflussen,
       trägt dazu bei, dass die Spannung immer größer wird. Wenn sich jemand gegen
       die israelische Regierung stellt, wie im April Bundesaußenminister Sigmar
       Gabriel, dann wird er sofort als Antisemit gebrandmarkt.
       
       Wo verläuft die Grenze zwischen legitimer Israelkritik und Antisemitismus? 
       
       Antisemitismus ist ein pauschales Vorurteil gegen Juden. Solange eine
       Kritik gegen Israel nicht von diesem Vorurteil belastet ist, ist sie
       legitim und wird auch von sehr vielen Israelis selbst geäußert.
       
       27 Jun 2017
       
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   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=Kea4OWFc4rY
       
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       dar.