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       # taz.de -- Petition der Woche: Männer, die auf Frauen schauen
       
       > Das Lorettobad in Freiburg ist das einzige Damenbad in Deutschland. Seit
       > männliche Bademeister dort arbeiten, gibt es Streit.
       
   IMG Bild: Seit 1886 gibt es das Lorettobad – heute ist es das letzte Damenbad Deutschlands
       
       Vor einem Jahr erst hat Janina Talaj das Lorettobad in Freiburg für sich
       entdeckt. Seitdem springt die 27-Jährige, die in Freiburg
       Kulturwissenschaften und Geschichte studiert, regelmäßig in das
       Schwimmbecken, das bereits seit 1886 ausschließlich Frauen nutzen dürfen:
       „Ich kann hier entspannen, niemand pfeift mir hinterher oder drückt mir
       einen blöden Spruch rein, wenn ich einen knappen Bikini trage“, erzählt
       sie.
       
       Morgens ziehen Rentnerinnen ihre Bahnen im 23 Meter langen und 10 Meter
       breiten Becken, legen sich danach barbusig auf der großen Liegewiese in die
       Sonne. Dichte Büsche und Umkleidekabinen aus weiß getünchtem Holz, die noch
       aus dem 19. Jahrhundert stammen, umgeben das Schwimmbecken und schützen so
       vor neugierigen Blicken.
       
       Viele der Besucherinnen kommen deswegen seit ihrer Kindheit: Das Bad ist
       ein Schutzraum für Frauen. Talaj gefällt, wie unterschiedlich die Menschen
       sind, die das Bad besuchen: „Junge muslimische Frauen mit Kopftüchern
       können hier genauso baden wie die älteren Besucherinnen.“ Doch ganz so
       harmonisch ist es schon länger nicht mehr im letzten Damenbad Deutschlands.
       
       Bereits im vergangenen Jahr kam es zu „Spannungen zwischen Stammkundinnen
       und Musliminnen“, so schrieb es die Badische Zeitung. Seit etwa zwei Jahren
       kämen Letztere vermehrt ins „Lollo“, wie die Freiburger ihr Bad nennen. Für
       sie ist das Frauenbad eine Möglichkeit, ins Wasser zu springen, ohne ihren
       Körper verhüllen zu müssen. Fremden Männern dürfen sie sich nicht unbedeckt
       zeigen. Dafür kämen die Frauen aus dem Elsass oder dem eine Stunde
       entfernten Basel.
       
       ## Das Bad hat sich verändert
       
       „Die Musliminnen bringen eine andere Badekultur mit, das hat zu
       Irritationen unter unseren Stammkundinnen geführt“, sagt Oliver Heintz, der
       Geschäftsleiter des Lorretobads. Es werde am Beckenrand gegessen oder auf
       der Liegewiese gegrillt, Besucherinnen sprängen mit Straßenkleidung ins
       Wasser.
       
       Mehrmals habe die Polizei kommen müssen, um Streit zu schlichten. Deswegen
       wurden für diese Saison zu den Stoßzeiten ein Sicherheitsdienst engagiert
       und männliche Bademeister, die für die Sicherheit der Badegäste sorgen
       sollen. Ein kleines Schild am Eingang zum Bad warnt davor, dass jederzeit
       männliches Personal anwesend sein könnte.
       
       Die Entscheidung hat das Bad verändert, findet Janina Talaj. Sie arbeitet
       neben ihrem Studium in einer Schulkinderbetreuung mit vielen Muslimen. „Die
       Kinder haben mir erzählt, dass sie mit ihrer Mama nicht mehr ins Schwimmbad
       gehen könnten, weil es nun männliche Bademeister gibt“, sagt sie. Die
       Frauen würden durch das neue Personal vom Badebetrieb ausgeschlossen. „Das
       Bad ist doch kein Damenbad mehr, wenn Männer da sind.“
       
       [1][In einer Petition] fordert die Studentin, das männliche Badepersonal
       wieder abzuschaffen. 600 Menschen haben bereits unterschrieben. Eine
       Unterstützerin schreibt: „Es ist eine Frechheit und zutiefst
       diskriminierend, davon auszugehen, dass lediglich Männer in der Lage wären,
       sogenannte Securityaufgaben erledigen zu können.“ Muslimische und nicht
       muslimische Frauen fordern in den Kommentaren, dass es im Damenbad bald
       wieder nur Frauen sind, die auf Frauen schauen.
       
       Geschäftsleiter Dominik Heintz ist genervt, wenn man ihn auf die laufende
       Petition anspricht. Er fühlt sich missverstanden: „Wir schaffen es nicht,
       jedem Gast gerecht zu werden – aber wir wollen hier ganz bestimmt niemanden
       ausschließen.“ Männliche Bademeister würden punktuell schon seit Jahren im
       Lorettobad eingesetzt. Dagegen habe es nie Proteste gegeben.
       
       „Wir würden gern mehr Frauen einstellen als Badepersonal und als
       Sicherheitsdienst.“ Es gebe aber einfach nicht genug Frauen in diesem
       Bereich. Tatsächlich mussten bereits die Öffnungszeiten einiger Freiburger
       Bäder eingeschränkt werden.
       
       Doch mit einem Verweis auf Personalmangel lässt sich die Debatte in
       Freiburg nicht wieder einfangen: „Wenn es nicht genügend weibliches
       Personal gibt, dann wären spezielle Tage nur für Frauen vorstellbar“,
       schlägt Serdar Özer, Sprecher der Mevlana-Moschee in Freiburg, vor. Wo ein
       Wille sei, sei immer auch ein Weg.
       
       Update: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es fälschicherweise,
       der Bereich nur für Frauen wäre schon 1841 eröffnet worden. Es war lt.
       Webseite des Bades jedoch 1886.
       
       30 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.openpetition.de/petition/online/schaffen-sie-das-regulaere-maennliche-badepersonal-im-damenbad-freiburg-wieder-ab
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julius Betschka
       
       ## TAGS
       
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