# taz.de -- Bilanz „Merkel-muss-weg“-Demo in Berlin: Raus aus dem bürgerlichen Gewand
> Nur noch 250 Rechte beteiligen sich an der sechsten
> „Merkel-muss-weg“-Demo – die meisten sind überzeugte Neonazis. Es gibt
> vielfältigen Gegenprotest.
IMG Bild: Tragen die deutsche Fahne nur als Deko: TeilnehmerInnen der „Merkel-muss-weg“-Demo am Samstag
Es scheint fast geschafft: Die Teilnehmerzahl der rechtsextremen
„Merkel-muss-weg“-Demonstrationen ist deutlich eingebrochen. Zur sechsten
Ausgabe am Samstag zogen nur noch rund 250 Menschen vom Hauptbahnhof zum
Checkpoint Charlie. Von der Teilnehmerzahl der ersten Demonstration im März
2016 ist damit nur rund ein Zehntel übrig geblieben.
Kaum mehr etwas übrig geblieben ist auch von dem bürgerlichen Gewand, das
sich diese Demonstrationen am Anfang noch gegeben haben. Am Samstag dürfte
für jeden Zuschauer auf den ersten Blick erkennbar gewesen sein, dass es
sich hier nicht um eine gegen die aktuelle Regierungspolitik gerichtete
Versammlung besorgter Bürger handelt, sondern um ein Zusammenkommen
überzeugter Rechtsextremisten und Neonazis. Viele von ihnen waren aus
Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern angereist.
Lediglich im ersten Teil der Demonstration bemühte man sich noch um eine
bürgernahe Präsentation: In den ersten Reihen liefen deutlich mehr Frauen
mit als im Rest der Demonstration, auch wurden hier immer wieder „Nazis
raus“-Rufe skandiert.
Im hinteren Teil des Aufmarsches wurden die allerdings mit „…aus dem
Knast!“ beantwortet: Hier hatten sich überwiegend schwarzgekleidete
autonome Nationalisten versammelt. Mit Fahnen der „Sektion Nordland“ wurde
hier auf eine gleichnamige Division der Waffen-SS angespielt, immer wieder
waren Rufe wie „Frei, sozial, und national“ oder „Nationaler Sozialismus
jetzt“ zu hören.
Teilweise hatten die eigenen Ordner Mühe, Teilnehmer an einem Ausbruch aus
der Demonstration zu hindern. Organisiert werden die Demonstrationen von
der Gruppierung „Wir für Deutschland“, maßgeblich getragen von dem
Marzahner Rechtsextremisten Enrico Stubbe.
Die Gegendemonstration, zu der das Berliner Bündnis gegen Rechts aufgerufen
hatte, zog mit rund 400 TeilnehmerInnen noch vor Beginn des rechten
Aufmarsches vom Rosenthaler Platz zum Hauptbahnhof. In Mitte gab es
außerdem mehrere Gegenkundgebungen: Im Scheunenviertel, durch das die
Rechten bei den letzten beiden Aufmärschen im März und November gezogen
waren, protestierten mehrere Anwohnerinitiativen; ein Bündnis aus Kirchen
und dem DGB hatte ebenfalls eine Gegenkundgebung organisiert.
Blockaden wie vor zwei Wochen beim Aufmarsch der „Identitären Bewegung“
waren nicht geplant. Kleinere Grüppchen von Gegendemonstrantinnen
versuchten aber den ganzen Nachmittag über, am Rand der Neonaziroute ihren
Protest auszudrücken. Die Polizei sperrte Straßen und Kreuzungen allerdings
immer wieder so ab, dass die GegendemonstrantInnen nicht in Sicht- und
Hörweite des Aufmarsches gelangen konnten. Zeitweise waren bis zu 850
Beamte im Einsatz.
Im strömenden Regen beendeten die Rechten ihre Demonstration schließlich in
der Zimmerstraße unweit des Checkpoint Charlie. Der
Mobilisierungs-Misserfolg hatte sich dieses Mal schon vorher abgezeichnet.
Ob sich die Demonstrationen damit erledigt haben oder ob – ähnlich wie bei
den montäglichen Bärgida-Kundgebungen – eine kleine, aber eingeschworene
Gemeinschaft einfach immer weiter machen wird, dürfte der nächste Termin im
Herbst zeigen.
2 Jul 2017
## AUTOREN
DIR Malene Gürgen
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