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       # taz.de -- Protest gegen Donald Trump: Alle gegen einen
       
       > Trump regt viele besonders dazu an, in Hamburg zu demonstrieren. Auch so
       > einige Gipfelteilnehmer*innen mögen den US-Präsidenten nicht.
       
   IMG Bild: Trotz Lächeln, not best friends: Trudeau, Merkel und Trump beim G7-Gipfel in Taormina in Italien
       
       Im Grunde sind ja alle gegen den US-Präsidenten – auch die ursprünglich für
       Samstag angemeldete Pro-Trump-Demo einiger entrückter Rechter ist
       inzwischen wieder abgesagt. In dieser Frage herrscht Einigkeit: Von der
       Bundeskanzlerin bis hin zu traditionellen Altkommunisten formt sich vor dem
       G20-Gipfel eine Front der Trump-Kritiker.
       
       Dabei sind es gerade die radikaleren Stimmen aufseiten der Gipfelgegner,
       die ihre Kritik möglichst nicht auf Trump fokussieren wollen. Das eher
       antiimperialistisch geprägte Bündnis „G20 entern“ etwa meint, dies habe
       „oft nur den Zweck, Deutschland und Merkel noch als kleineres Übel
       darzustellen“. Zumindest in dieser Hinsicht ähnelt ihre Position der des
       antinationalen Bündnisses „Ums Ganze“, für das die deutsche Trump-Kritik
       nicht mehr ist als opportune Standortpolitik.
       
       Der Hamburger Konkret-Autor Lars Quadfasel hingegen, der sich regelmäßig
       gegen antiamerikanische Ressentiments ausspricht, sieht in Trump sehr wohl
       einen Grund, auf die Straße zu gehen: In der Wahl des US-Präsidenten drücke
       sich eine Verachtung der Zivilisation aus. Trump drohe, das Rad in Richtung
       Barbarei weiterzudrehen.
       
       ## Die größte Reizperson
       
       Aber natürlich sind da auch noch die üblichen Verdächtigen. Trump sei „ein
       Vertreter der reaktionärsten Kreise des US-amerikanischen Finanzkapitals“,
       schreibt etwa die MLPD, die sich mit einem „Internationalistischen Bündnis“
       am Protest gegen den Gipfel beteiligt. Am Sonntag prangte Trump außerdem
       auch auf einem Demo-Transparent der „G20-Protestwelle“ – dargestellt als
       großer Satan.
       
       Für den Hamburger Völkerrechtler Norman Paech ist Trump die größte
       Reizperson unter der Gipfelgästen, „weil er den größten Militärhaushalt hat
       und sein Militär in 180 Staaten auf Mission schickt“. Der US-Präsident habe
       die internationale Situation verschlimmert. Dazu zählt Paech die
       Verschärfung der Beziehungen zum Iran, aber auch ein Vorantreiben der
       „Konfrontation mit den Russen, indem er völkerrechtswidrig in Syrien
       interveniert hat“.
       
       Trump gehöre wegen des Angriffs mit Tomahawk-Raketen vor das Haager
       Kriegsverbrechertribunal, sagt Paech. Zwar kenne man militärische
       Interventionen auch von seinen Vorgängern. Trump aber meine es ernst mit
       „America First“, sagte Paech. Das sei ein Protektionismus, der jeglicher
       Kooperation mit anderen Ländern entgegenstehe.
       
       Vereint gegen amerikanischen Nationalismus 
       
       Eben hier, in der besonderen Ablehnung des amerikanischen Nationalismus,
       trifft sich die Trump-Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die
       Trump auch bilateral treffen will, formulierte es in ihrer
       Regierungserklärung Ende letzter Woche so: „Wer glaubt, die Probleme dieser
       Welt mit Isolationismus und Protektionismus lösen zu können, der unterliegt
       einem gewaltigen Irrtum.“ Seit der Entscheidung der USA, das Klimaabkommen
       von Paris zu verlassen, „sind wir entschlossener denn je, es zum Erfolg zu
       bringen“, sagte sie.
       
       Und selbst im ländlichen Niedersachsen ist man rhetorisch kurz vor einem
       Handelskrieg. Denn die USA hatten im März Dumping-Vorwürfe gegen mehrere
       Stahlhersteller erhoben, darunter die Salzgitter AG und die Dillinger
       Hütte. Im Streit um drohende Strafen sprach sich Niedersachsens
       Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) für klare Worte gegenüber den
       Amerikanern aus – „ohne sich zu drohen“.
       
       In die Trump-Kritiker einreihen kann sich auch Rolf Langhammer vom Kieler
       Institut für Weltwirtschaft, der selbst am T20, dem Vorbereitungsgipfel der
       Think Tanks zum G20-Gipfel, teilgenommen hat. „Die multilaterale
       Handelsordnung verbietet Diskriminierung und schützt die schwächeren Länder
       vor einer handelspolitischen Willkür der mächtigeren Mitglieder“, sagt
       Langhammer. „Trump greift diese Ordnung an, weil er bilaterale
       Verhandlungen anstrebt. Deshalb ist er für die Rechte der schwächeren
       Länder eine Bedrohung.“
       
       ## „Getürkter Mexikana“ gegen Erdoğan und Trump
       
       Und auf lokaler Ebene engagiert sich in Hamburg der Autor Björn Rosteck
       gegen den US-Präsidenten. Er hat im Frühjahr den „Mexikaner gegen Trump“
       erfunden, ein Spirituosen-Getränk mit Tomatensaft. „Wir sind auf diese
       Schnapsidee gekommen, als wir hörten, dass Trump in Mexiko mit dem Mauerbau
       beginnt“, sagte Rosteck.
       
       Inzwischen werde an mehr als 150 Orten weltweit in Kneipen der Soli-Schnaps
       ausgeschenkt, die Einnahmen fließen in die Organisation der Proteste, in
       Flyer, Lautsprecherwagen und Raummieten für die Aktionskonferenzen. „Wir
       sind zuversichtlich, das wir mit den Einnahmen bald im fünfstelligen
       Bereich landen.“
       
       Trump sei ein Mobilisierungsfaktor für die Proteste, sagt Rosteck. Er aber
       nennt alle Gipfel-Gäste „ein Gruselkabinett“. Auf Kampnagel, dem
       alternativen Hamburger Theaterort, werde nun immerhin ein „getürkter
       Mexikana“ angeboten und Raki hinzugekippt, um nicht nur gegen Donald Trump,
       sondern auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu
       protestieren.
       
       4 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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