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       # taz.de -- Volksentscheid über Flughafen: CDU will jetzt mit Tegel landen
       
       > Die CDU-Basis spricht sich mit großer Mehrheit für den Weiterbetrieb des
       > Flughafens Tegel aus. Damit sind die Fronten für den Volksentscheid
       > geklärt.
       
   IMG Bild: Ist glücklich, dass die Basis ihre Meinung zu Tegel teil: CDU-Landeschefin Grütters am Montag
       
       Die CDU hat das Ergebnis ihrer Mitgliederbefragung zum Flughafen Tegel
       präsentiert: Satte 83 Prozent der abgegebenen Stimmen sind für den
       Weiterbetrieb von TXL. „Eindeutiger als erwartet“ sei das Ergebnis, sagte
       Landeschefin Monika Grütters am Montag, „eine beachtliche Botschaft“. Sie
       selbst habe auch dafür gestimmt.
       
       Beteiligt hatte sich – per Brief oder online – ein gutes Drittel der
       Berliner Mitglieder. Obwohl sich in keinem Kreisverband weniger als zwei
       Drittel für die Offenhaltung aussprachen, wie Generalsekretär Stefan Evers
       betonte, gab es gewisse Abstufungen: In Steglitz-Zehlendorf stimmten 89
       Prozent für Tegel, während die Pro-Quote in den Überflugbezirken Spandau
       und Pankow bei lediglich 67 Prozent lag.
       
       Die christdemokratische Parteispitze will sich nun bei dem von der FDP
       angestoßenen Volksentscheid am 24. September für ein Ja stark machen – ein
       Ja für den Appell an den rot-rot-grünen Senat, die Schließungsabsichten
       aufzugeben. Ein Gesetz steht nicht zur Abstimmung, die Initiatoren
       versprechen sich aber massiven politischen Druck. Umfragen zufolge soll es
       auch bei Wählern von SPD und Grünen Mehrheiten für die Offenhaltung geben.
       
       Im Senat scheint in Sachen Tegel noch alles stabil. Der Regierende
       Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, es sei „traurig“, dass „nach der
       FDP und AfD nun auch die CDU dem Impuls nicht widerstehen konnte,
       populistisch Tausende Arbeitsplätze und Wohnungen sowie Higtech-Industrie
       am Standort Tegel aufs Spiel zu setzen“ – nur „wegen eines vermeintlich
       schnellen Erfolges am Wahltag“. Die CDU „verabschiede“ sich damit „als
       seriöse Wirtschafts- und Zukunftspartei“. Deren Vorsitzende Grütters
       feuerte zurück: Die SPD trete immer für mehr Basisdemokratie ein, „aber
       unerwünschte Volksentscheide sind ihnen nicht recht“.
       
       Alle Beteiligten wissen, dass eine Entscheidung über den Weiterbetrieb von
       Tegel – wenn überhaupt – nur von allen drei Gesellschaftern ausgehen
       könnte. Deshalb schickte CDU-Generalsekretär Evers dem nun hochoffiziellen
       Richtungswechsel gleich hinterher, selbstverständlich müsse jetzt das
       Einvernehmen mit Brandenburg und dem Bund das Ziel sein.
       
       Bei der FDP freute man sich diebisch über das Abstimmungsergebnis. Einen
       Seitenhieb auf die CDU-Spitze, die im früheren rot-schwarzen Senat den
       Schließungsbeschluss noch verteidigt hatte, konnte sich Parteichef
       Sebastian Czaja nicht verkneifen: Das Abstimmungsergebnis sei „vor allem
       eine innerparteiliche Abrechnung mit der falschen Luftverkehrspolitik der
       Union der vergangenen Jahre“.
       
       Die kleineren Koalitionsparteien kritisierten die CDU.
       Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) warnte davor, das
       Potenzial der Tegel-Fläche zu verschenken. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende
       Antje Kapek sagte, es gebe „keine neue Faktenlage, die ein solches Umkippen
       rechtfertigen würde“ – nur ein „peinliches Gutachten, bezahlt von einer
       Billig-Airline“. Kapek verglich den Flughafen Tegel mit dem Bahnhof Zoo:
       „Da konnten sich auch viele nicht vorstellen, dass es ohne diesen Halt
       geht. Heute ist das gar kein Thema mehr.“
       
       3 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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