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       # taz.de -- Personalräte ziehen vor Gericht: Bamf will künftig Gesetz achten
       
       > Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge streitet sich mit seinen
       > Personalräten vor Gericht. Die Arbeitnehmer misstrauen der
       > Behördenleitung.
       
   IMG Bild: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat das Vertrauen seiner Mitarbeiter verloren
       
       MÜNCHEN taz | München, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Saal 1. Theresia
       Koch scheint der Verzweiflung nahe. Die Richterin leitet eine
       Berufungsverhandlung um die Einstellungspolitik des [1][Bundesamts für
       Migration und Flüchtlinge (Bamf)]. „Ich weiß nicht, wie man bei diesem
       Verfahren etwas lösen soll“, klagt sie schon zu Beginn, „wenn es immer nur
       um Kleinigkeiten geht.“ Um wenige Sätze später zu sagen: „Da muss man doch
       eine Lösung finden können.“
       
       Schließlich appelliert Koch an die Vertreter des Bamf sowie dessen
       Personalräte: „Irgendwie muss man doch wieder zurück auf eine Basis der
       vertrauensvollen Zusammenarbeit kommen.“ Doch genau das dürfte das
       eigentliche Problem sein. Diese Basis scheint es schon längst nicht mehr zu
       geben. Zumindest auf Seiten der Personalräte herrscht vor allem Misstrauen
       gegen die Behördenleitung. Gesamtpersonalratsvorsitzender Rudolf Scheinost
       macht daraus keinen Hehl: „Die spielen doch immer nur auf Zeit.“
       
       Im konkreten Fall geht es um zwei Verfügungen unter dem damaligen Bamf-Chef
       Frank-Jürgen Weise: Zum einen hatte die Behörde Anfang 2016 im Zuge der
       Flüchtlingskrise kurzfristig 343 neue Mitarbeiter eingestellt – ohne
       Zustimmung des Personalrats. Dieser beklagt, es habe 40.000 bis 50.000
       reguläre Bewerbungen für die Stellen gegeben. Statt auf diese
       zurückzugreifen, habe die Behördenleitung sich im Hauruckverfahren in einer
       Kartei der Bundesagentur für Arbeit bedient.
       
       ## Schichtarbeit in Ankunftszentren ist rechtswidrig
       
       Zum anderen war – ebenfalls im Alleingang – in den Ankunftszentren Passau
       und Rosenheim Schichtarbeit angeordnet worden. Beides wurde im vergangenen
       Sommer bereits vom Ansbacher Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt.
       Das Bamf ging dagegen jedoch in Berufung.
       
       Es sei ja keine Frage, dass die Beschwerden der Personalräte zulässig
       seien, sagt nun Richterin Koch. „Ich verstehe auch, dass man da verärgert
       ist.“ Das Problem nur: Auch das Bamf gibt zu, dass die Entscheidungen
       rechtswidrig waren. Es geht also nicht um die Frage, wer recht hat,
       sondern: Was folgt daraus? Die Personalräte wollen vor allem, dass der
       Behörde rechtswidriges Verhalten bescheinigt wird. Das Bamf möchte
       verhindern, dass das Urteil von Ansbach zu Nachteilen für die neuen
       Mitarbeiter führt, diesen also etwa gekündigt werden muss.
       
       Nach langem Ringen und gutem Zureden der Richterin gibt es dann doch noch
       einen Kompromiss: Das Verfahren soll ruhen, bis die Arbeitsverträge ohnehin
       abgelaufen sind. Danach will das Bamf seine Berufung gegen das Ansbacher
       Urteil zurücknehmen.
       
       Außerdem erklärt die Bamf-Leitung, es sei ihr bewusst, dass die Einführung
       von Schichtarbeit mitbestimmungspflichtig sei, und verpflichtet sich,
       künftig den Personalrat vor einer Einführung zu konsultieren. Oder wie es
       einer der ehrenamtlichen Richter leise kommentiert: „Das Bamf verpflichtet
       sich, künftig Recht und Gesetz zu achten.“
       
       4 Jul 2017
       
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   DIR Dominik Baur
       
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