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       # taz.de -- Türkei geht gegen Menschenrechtler vor: Beim Seminar festgenommen
       
       > Zehn Vertreter verschiedener Organisationen sind in Polizeihaft, darunter
       > ein Deutscher. Die Regierungspresse nennt sie „feindliche Agenten“.
       
   IMG Bild: Unter den Inhaftierten ist Idil Eser, die Direktorin der türkischen Sektion von Amnesty International
       
       Istanbul taz | Bei einem Menschenrechtsseminar hat die türkische Polizei am
       Mittwoch zehn in-und ausländische Menschenrechtler festgenommen. Darunter
       ist auch ein Deutscher. Die Vertreter mehrerer Organisationen, darunter
       Amnesty International und die Helsinki Citizens Assembly, hatten sich in
       einem Hotel auf Büyükada, einer Insel vor Istanbul, getroffen.
       
       Unter den Verhafteten ist die AI-Direktorin in der Türkei, Idil Eser,
       ebenso wie Nalan Erkem und Özlem Dalhiran von der Helsinki Gruppe, des
       Weiteren die Frauenrechtlerinnen Ilknur Üstün und Nejat Tastan und die
       Anwälte Seyhamuz Özbekli, Veli Acu und Günal Kursun der die
       Menschenrechtsorganisation IHD vertritt. Ein deutscher und ein schwedischer
       Referent sollten über „Digitale Kommunikation und IT-Sicherheit“
       referieren. Der Deutsche ist der Dokumentarfilmer und IT Experte Peter
       Steudtner, der Däne heißt Ali Garawi. Außerdem wurde noch der Besitzer des
       Hotels, in dem die Tagung stattfand, festgenommen.
       
       Alle wurden bis Donnerstagnachmittag auf einer Polizeiwache abgeschottet
       und konnten weder mit einem Anwalt noch mit Familienangehörigen sprechen.
       Die Ermittlungen wurden als geheim deklariert, die Presse bekommt offiziell
       keine Informationen. Das gilt nicht für die Regierungspresse, die von einem
       „aufgeflogenen Geheimtreffen feindlicher Agenten“ sprach und Stimmung gegen
       die Menschenrechtsaktivisten macht. Emma Sinclair-Webb, die Vertreterin von
       Human Rights Watch in Istanbul, die an der Tagung nicht teilgenommen hatte,
       sagte zu den Agenten-Vorwürfen in der türkischen Presse: Dies seien „Lügen,
       die wir in letzter Zeit immer öfter hören“.
       
       In A-Haber und anderen Medien wurden gestern Storys wieder aufgewärmt, in
       denen bereits im letzten Jahr von geheimen Agenten-Treffen in ebendiesem
       Hotel auf Büyükada die Rede war, bei denen angeblich der misslungene Putsch
       vom 15. Juli geplant worden war. Es wird dabei nahegelegt, dass das Treffen
       der Menschenrechtsorganisationen mit dem Jahrestag des Putschs Ende
       kommender Woche zu tun gehabt haben könnte. Die Generalsekretärin von
       Amnesty International, Salil Shetty, protestierte gegen die Festnahmen und
       forderte, alle Teilnehmer an dem Seminar sofort freizulassen. Sie nannte
       die Polizeiaktion einen „grotesken Machtmissbrauch, der die prekäre Lage
       von Menschenrechtsaktivisten in der Türkei zeigt“.
       
       Shetty erinnerte daran, dass erst vor vier Wochen der Leiter der Sektion
       Türkei von AI, Taner Kilic, verhaftet worden war. Während Kilic angeblich
       Mitglied der „Gülen-Bewegung“ sein soll, sind gegen die jetzt
       Festgenommenen noch keine offiziellen Vorwürfe bekannt. Shetty wie auch die
       Abgeordneten Claudia Roth und Cem Özdemir (Grüne), forderten Kanzlerin
       Angela Merkel auf, gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdoğan, der
       derzeit am G20 Gipfel in Hamburg teilnimmt, zu protestieren.
       
       6 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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