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       # taz.de -- Aktuelles aus der Gefahrenzone: Die Stadt stinkt noch immer nach muffigen Despoten
       
       Der G-kacken-Report 
       
       von Silke Burmester
       
       Woran erkennt man, dass ein „Festival der Demokratie“ zu Ende ist? Daran,
       dass im Nachbarviertel Schutt und Asche liegen. Aber auch daran, dass es
       ruhig ist. Ruhig. Leise. Es gab am Freitag einen Zeitraum von etwa einer
       Stunde, in der kein Hubschrauber knatterte. Das war, als Frau Merkel ihren
       Despotengästen in der Elbphilharmonie Beethoven vorspielen ließ und bevor
       die Linken begannen, ihr alternatives Gesellschaftsmodell vorzustellen.
       
       Auch eine interessante Erkenntnis: Wenn man Menschen mürbe machen will,
       wenn man will, dass sie gereizt sind, sehr, sehr unfreundlich werden und
       sich nicht mehr gut unter Kontrolle haben, dann setzt man sie
       Hubschrauberlärm aus, der nur in der Nacht für zwei, maximal drei Stunden
       unterbrochen wird.
       
       Ich finde, wenn der Senat für die materiellen Schäden aufkommt, die seinen
       Bürgern durch Abfackeln ihrer Autos und durch Beschädigung und Plünderung
       ihrer Geschäfte entstanden sind, dann müsste es Anwohnern auch möglich
       sein, die Kosten für ein Wellnesswochenende einzureichen. Die Geste, dass
       am Sonntag die Museen als „Dankeschön“ bei freiem Eintritt zu besichtigen
       waren, ist komplett lächerlich.
       
       Wer auf total friedlichen Demos erleben musste, wie die Polizei die
       Eskalation provozierte, wer zum Teil nicht mehr wusste, wie er von der
       brennenden Schanze weg nach Hause kommen sollte, weil die Straßen dicht
       waren, wer, wie eine Bekannte, mit seinen Kindern in seiner
       Schanzen-Wohnung saß und zusehen musste, wie Autonome versuchten, in das
       Haus einzudringen, wer 600 Meter entfernt, zum Schließen der Fenster
       genötigt war, weil das Reizgas die Bude durchzog, oder wem die Karre in
       Flammen aufging, dem ist am nächsten Tag gar nicht danach, Caspar David
       Friedrich anzugucken, nur weil er ausnahmsweise mal kostenlos zu sehen ist.
       
       Statt Bock auf Museum ist eher so ein Bedürfnis nach Reinigung vorhanden.
       Man würde gern das „Danach-Gefühl“ loswerden. Das des G20-Hamburg-Katers.
       Die Vertreter der repressiven Weltordnung sind abgereist, die Absperrungen
       abgebaut – aber es fühlt sich an, als wäre der Stadtteil vom Geist des
       Übels besudelt.
       
       Daran hat keiner gedacht: Wie gut es wäre, kollektiv die bösen Geister zu
       vertreiben. Man hätte sich nach der Abreise der Krampen noch einmal treffen
       sollen, um das Gelände der Messehallen zu reinigen. So hokuspokusmäßig
       hätte man mit Räucherstäbchen übers Gelände schleichen sollen, irgendwelche
       Indianer- oder Mönchsgesänge ertönen lassen und die Atmosphäre von den
       Trumps, Putins und Erdoğans mit ihrer Aura des Gestanks von Käsefüßen
       gereinigt. Angesichts möglicher Knappheit an Räucherstäbchen wäre auch
       Raumspray gegangen. Ich glaube, das hätte uns, die wir hier leben und den
       ganzen Scheiß aushalten mussten, sehr gutgetan. Das Gefühl ist, wir hätten
       gern „unser Hamburg“ zurück.
       
       10 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Burmester
       
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