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       # taz.de -- Im Geschäft sparsam, zu Hause ein Stromfresser
       
       > Energie Viele Haushaltsgeräte verbrauchen im Alltag mehr, als beim Kauf
       > versprochen wird
       
   IMG Bild: Auch Geschirrspüler tragen das Energielabel
       
       BERLIN taz | Haushaltsgeräte benötigen oft mehr Strom als auf dem
       Energieeffizienz-Label angegeben. Diesen Vorwurf machen mehrere
       Umweltschutzverbände den Standardisierungsorganisationen sowie den
       zuständigen EU-Behörden. Damit steht die Glaubwürdigkeit des vom
       Gesetzgeber vorgeschriebenen Etiketts mit seinen Energieeffizienz-Klassen
       A+++ bis G in Frage. Das Label gehört zu einem Paket von Vorschriften, mit
       denen die EU die Energieausgaben des durchschnittlichen Haushalts bis 2020
       um fast 500 Euro jährlich senken will.
       
       Aus einer gestern veröffentlichten Studie geht hervor, dass technisch
       veraltete Tests an den teils dramatischen Differenzen zwischen Labor und
       Wohnzimmer schuld sind. So stieg der Energieverbrauch der Geräte mit besser
       an den Alltag angepassten Testmethoden um häufig 20 bis 30 Prozent – in
       einem Fall war er sogar mehr als doppelt so hoch. Die Forscher nennen keine
       Hersteller, da sie in erster Linie die Messverfahren anprangern wollen.
       
       „Wir haben die Geräte so benutzt, wie man es zu Hause macht“, sagte Jack
       Hunter, Mitverfasser der Studie vom Europäischen Umweltbüro, der taz. „Bei
       den Messungen haben wir die Kühlschränke ein- und ausgeräumt, Filme in
       HD-Qualität abgespielt oder die Geschirrspüler im Automatikprogramm laufen
       lassen“, so Hunter. Diese typischen Verhaltensweisen würden bei den
       Norm-Messungen, auf deren Basis das EU-weite Energielabel vergeben wird,
       nicht berücksichtigt.
       
       „Bei den Norm-Messungen gibt es ein Spannungsfeld zwischen Einfachheit des
       Tests und Abbildung des Nutzverhaltens“, sagte Energieeffizienzexpertin
       Irmela Colaço vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Messungen
       müssen laut Colaço einfach reproduzierbar sein, damit Labore die Geräte
       kostengünstig und unter gleichen Bedingungen testen können. Die neuen
       Studienergebnisse zeigten jedoch, dass das Nutzerverhalten unzureichend
       abgebildet ist. „Niemand schaut heute noch zehn Jahre alte Videos, wie es
       bei den Norm-Messungen der Fall ist“, sagte Colaço.
       
       Die Testmethoden sollen deshalb so schnell wie möglich an den tatsächlichen
       Alltagsverbrauch angepasst werden, fordert Studien-Mitverfasser Jack
       Hunter. „Dafür müssen künftig auch Umweltorganisationen mehr
       Mitspracherecht in den Standardisierungsorganisationen haben“, sagt Hunter.
       In diesen haben nämlich Industrievertreter großen Einfluss und versuchten,
       Messverfahren durchzusetzen, die ihnen bestmögliche Labelnoten versprechen.
       
       In manchen Fällen dürften die Vertreter der Industrie sogar selbst ein
       Interesse an realistischeren Tests haben; so etwa Hersteller von
       Fernsehgeräten mit automatischer Helligkeitsanpassung: Der Studie zufolge
       sank der Energieverbrauch in dunkleren Räumen dank der Technologie um 32
       bis 76 Prozent. Damit kompensieren diese Modelle mögliche Erhöhungen des
       Stromverbrauchs durch Tests mit HD-Videomaterial sowie Software-Updates.
       
       Dario Dietsche
       
       22 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dario Dietsche
       
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