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       # taz.de -- Kommentar zum Al-Kuds-Tag: Einen Versuch wäre es wert
       
       > Der Rechtsstaat müsste es nicht dulden, wenn Linke, Rechte und
       > schiitische Prediger gemeinsam ihren Hass auf Juden straffrei
       > herausschreien.
       
   IMG Bild: Auf der jährlichen Al-Kuds-Demo auf dem Kudamm in Berlin mischen sich verschiedenste Gruppen
       
       Deutschland ist ein tolerantes Land. Hier dürfen Neonazis offen
       demonstrieren. Die NPD bleibt, trotz ihrer rassistischen Zielsetzungen,
       eine legale Partei. Zu diesem Panoptikum des ekelhaften Erlaubten zählt
       auch der Al-Kuds-Tag, den fanatische Israel-Hasser heute wieder einmal mit
       einer Demonstration begehen werden. Vordergründig geht es bei diesem Tag,
       erstmals ausgerufen 1979 von Ayatollah Chomeini, um eine „Befreiung“
       Jerusalems von den „zionistischen Besatzern“. Tatsächlich wird die
       Vernichtung des Staates Israel propagiert.
       
       Die Behauptung, Antizionismus habe nichts, aber auch rein gar nichts mit
       Antisemitismus gemein, straft diese Demonstration regelmäßig als Lüge. Die
       Teilnehmer geben sich auch keine Mühe, ihre Ansichten zu verdecken, so
       langen die Polizei diese noch erlaubt. „Sieg-Heil“-Rufe und die Forderung,
       „Zionisten ins Gas“ zu schicken, waren dort schon zu hören, und die
       Behauptung, Israel begehe einen „Holocaust“ an den Palästinensern, zählt
       noch zu den ausgewogeneren Wortbeiträgen. Israel dient den Teilnehmern
       dabei als Chiffre, um einmal im Jahr ihren Hass auf Juden offen
       herausbrüllen zu können, ohne das Wort „Jude“ dabei in den Mund zu nehmen.
       Das ist bequem und meistens sogar straffrei.
       
       Wer Hakenkreuze in Eisenbahnunterführungen schmiert, begeht eine Straftat
       und wird deshalb vom Staat belangt. Das ist gut so. Wenn aber einige
       Hundert Antisemiten offen unter dem Deckmäntelchen einer „Befreiung der
       Palästinenser“ Mordabsichten propagieren, werden höchstens die übelsten
       Plakate beschlagnahmt. Das Ganze gilt in Berlin offenbar als
       Folkloreveranstaltung einiger Heimatvertriebener.
       
       Dabei ist es in Wahrheit ein Sammelbecken von schitischen Hasspredigern,
       notorischen Neonazis, irregeleiteten „Antiimperialisten“ und
       antizionistischen Verschwörungstheoretikern. Diese braune Melange ist
       zugleich Beweis dafür, dass Antisemitismus weder ein Privileg von
       Rechtsradikalen noch von Deutschen, Linken oder gar Muslimen ist – alle
       wollen sie dabei sein.
       
       Die Bundesrepublik ist ein Rechtsstaat. Es gibt den Paragraphen 130, der
       demjenigen eine Freiheitsstrafe androht, der „gegen eine nationale,
       rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe,
       gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner
       Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der
       Bevölkerung zum Hass aufstachelt“. Mag sein, dass ein Verbot des
       Al-Kuds-Tages an den Gerichten scheitern könnte. Aber das ist kein Grund,
       es nicht wenigstens zu versuchen.
       
       23 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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