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       # taz.de -- Facebooks Umgang mit Fake News: Grundlos gelöscht – und dann?
       
       > Selbst die Union fordert einen Anspruch auf Wiederherstellung zu Unrecht
       > gelöschter Äußerungen auf Facebook. Das Justizministerium schweigt.
       
   IMG Bild: Maas will abwarten, ob die Netzwerke tatsächlich häufiger als bisher legale Meinungsäußerungen löschen
       
       Gerade beschlossen, sorgt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) weiter
       für Diskussionen. Vorige Woche hatte Johannes Fechner, rechtspolitischer
       Sprecher der SPD, [1][im taz-Interview angekündigt], dass das so genannte
       Facebook-Gesetz schnell nachgebessert werden soll. „Betroffene Bürger
       sollen einen Rechtsanspruch gegen soziale Netzwerke erhalten“, so Fechner,
       „die Betroffenen können dann verlangen, dass ein zu Unrecht gelöschter Post
       wieder hergestellt wird.“
       
       Die Grünen sahen sich durch Fechners Ankündigung in ihrer Kritik am Gesetz
       bestätigt. Das heiße, „dass von Beginn an das Gesetz von Maas im
       wesentlichen Punkt der Meinungsfreiheit schlecht war. Unglaublich.
       Dilletanten“, [2][twitterte Renate Künast]. Sie verwies auf einen Antrag,
       den die Grünen schon im April gestellt hatten. Darin war auch der Vorschlag
       enthalten, dass im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs gegen die
       Löschung eine „zeitnahe/unverzügliche Wiederzugänglichmachung“
       gewährleistet sein müsse.
       
       Auch die Linke nutzte Fechners Ankündigung zu neuen Angriffen: „Einen
       Rechtsanspruch von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Netzwerke einzuführen,
       damit sie sich gegen ungerechtfertigte Löschungen wehren können, ist
       wichtig, reicht aber nicht aus,“ so ein Sprecher. Das NetzDG bleibe ein
       „untauglicher Versuch“. Die Linke fordert weiterhin, dass ausschließlich
       Gerichte über die Löschung von Hatespeech, Mobbing, Beleidigung,
       Verleumdung und Volksverhetzung entscheiden sollen.
       
       Die CDU/CSU, auf deren Unterstützung sich Fechner im taz-Interview berufen
       hatte, trägt den Wunsch nach Nachbesserung tatsächlich mit. „Ein
       funktionierendes ‚put back-Verfahren‘ ist ein wirksames Mittel gegen
       ‚Overblocking‘, also gegen eine übermäßige Löschpraxis von
       Internetplattformen“, sagte Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechtspolitische
       Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. „Es dient damit der Meinungs- und
       Kommunikationsfreiheit im Netz und wirkt unberechtigten oder gar
       missbräuchlichen Beschwerden entgegen.“
       
       ## Maas wartet ab
       
       Die Details müssten in der nächsten Legislaturperiode geklärt werden. Wenn
       ein Netzwerk eine Löschentscheidung an eine Einrichtung der „regulierten
       Selbstregulierung“ delegiere, dann sehe das NetzDG schon heute die
       Einrichtung von Beschwerdestellen vor, „an die sich Nutzer wenden können,
       wenn ein Inhalt aus ihrer Sicht zu Unrecht entfernt wurde.“
       
       Fechner hatte mit seinem Vorschlag auf die verbreitete Kritik reagiert,
       dass das NetzDG zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen werde,
       weil Facebook und Co. aus Angst vor Bußgeldern alle Meinungsäußerungen
       löschen könnten, über die sich irgendjemand beschwert. Das NetzDG, das am
       vorigen Freitag auch den Bundesrat passierte, verlangt, dass soziale
       Netzwerke ein effektives Beschwerdemanagement einrichten. Offensichtlich
       rechtswidrige Hassposts sollen binnen 24 Stunden nach Meldung gelöscht
       werden.
       
       Das Justizministerium wollte zu Fechners Ausführungen keine Stellungnahme
       abgeben – was erstaunlich ist, da Fechner sonst eng mit Justizminister
       Heiko Maas (SPD) zusammenarbeitet. Scheinbar hat das Ministerium noch
       keinen konkreten Vorschlag für einen Restore-Anspruch in der Schublade.
       Möglicherweise will Heiko Maas erst einmal abwarten, ob die Netzwerke
       tatsächlich häufiger als bisher legale Meinungsäußerungen löschen. Die
       Bundesregierung hatte das bisher immer für unwahrscheinlich gehalten. Das
       Problem sei ja nicht, so Maas, dass Facebook zu viel lösche, sondern dass
       die Meldung strafbarer Hassbotschaften häufig ignoriert werde.
       
       12 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5426108
   DIR [2] https://twitter.com/RenateKuenast/status/882106181459865600
       
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