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       # taz.de -- Urteil zu Massakern in Srebrenica: Niederlande begrenzt schuldig
       
       > Die „Mütter von Srebrenica“ haben in Den Haag einen kleinen Sieg gegen
       > die Niederlande errungen und bekommen eine Entschädigung.
       
   IMG Bild: Bis heute mussten die Angehörigen der Opfer von Srebrenica um Entschädigung kämpfen
       
       Split taz | Ist dieses Urteil des Berufungsgerichts in Den Haag vom
       Dienstag jetzt der Schlussstrich für dieses dunkle Kapitel der Niederlande
       und die Opfer von [1][Srebrenica]? Mehr als 20 Jahre nach den Massakern an
       8.000 Männern im bosnischen Srebrenica hat ein Berufungs-Gericht in Den
       Haag den niederländischen Staat für den Tod von 350 Opfern
       mitverantwortlich gemacht und erklärt, der niederländische Staat habe
       damals „illegal gehandelt“. Doch stellte das Berufungsgericht gleichzeitig
       nur eine „begrenzte Verantwortung“ der niederländischen UN-Blauhelme für
       die von Serben verübten Kriegsverbrechen fest. Immerhin muss der Staat den
       Opferfamilien nun eine Teil-Entschädigung zahlen.
       
       Am 11. Juli 1995 hatten serbischen Einheiten die UN-Schutzzone Srebrenica
       überrannt. Die niederländische UN-Blauhelme hatten die UN-Schutzzone den
       Serben unter Anführung des [2][Generals Ratko Mladic] kampflos übergeben.
       Anschließend hatten die serbischen Einheiten rund 8.000 bosnische Männer
       und Jungen ermordet.
       
       Als der serbische General Ratko Mladic dem niederländischen Kommandanten
       Thomas Karremans zuprostete, entstanden Bilder, die bis heute die
       unterwürfige Haltung des Oberkommandierenden der UN-Truppen in der
       Schutzzone Srebrenica gegenüber dem Schlächter des Balkan symbolisieren.
       Dass Mladic in einem Interview mit serbischen Medien am gleichen Tag
       erklärte, jetzt sei es Zeit, Rache an den „Türken“ wegen der verlorenen
       Schlacht von Kosovo Polje im Jahre 1389 (!) zu nehmen, entlastet die
       Niederländer nicht.
       
       Die würdelose Servilität Karremans gegenüber Mladic hatte weitgehende
       Konsequenzen. Ohne wirklich gezwungen zu sein, lieferten seine Untergebenen
       die unbewaffneten Männer aus. Weil die niederländischen Soldaten die Männer
       fortgeschickt hätten, seien sie ihrer Chance aufs Überleben beraubt worden,
       sagte denn auch die Vorsitzende Richterin Gepke Dulek am Dienstag.
       
       ## Die Schüsse waren schon zu hören
       
       Die Opfer waren Männer, die zum Teil vorher für die Niederländer gearbeitet
       hatten oder Angehörige von Mitarbeitern waren. Sie waren auf das Gelände
       der UN-Truppen geflohen und hatten sich unter die 5.000 Frauen und Kinder
       gemischt, die hier Schutz gesucht hatten. Obwohl die Schüsse der
       Erschießungskommandos schon zu hören waren, die damit begonnen hatten, alle
       männlichen Zivilisten aus Srebrenica zu töten, übergaben die Niederländer
       diese 350 in den sicheren Tod.
       
       In dem ersten Gerichtsverfahren 2014 hatten Angehörige der Opfer von damals
       teilweise Recht bekommen. Das Zivilgericht erklärte 2014 die Niederlande
       für haftbar für den Tod der Männer. Es war der erste Schuldspruch gegen den
       Heimatstaat einer UN-Truppe für Kriegsverbrechen Dritter. Die Soldaten
       hätten unrechtmäßig an der Deportation von ihrem Militärgelände mitgewirkt,
       heißt es in dem alten Urteil. „Man kann mit großer Sicherheit davon
       ausgehen, dass diese Männer am Leben geblieben wären, wenn das Dutchbat
       ihnen gestattet hätte, auf dem Militärgelände zu bleiben,“ hieß es auch in
       der damaligen Urteilsbegründung.
       
       Dagegen hatte die niederländische Regierung Berufung eingelegt. Die
       niederländischen UN-Truppen hätten gegen die serbische Übermacht gar nichts
       tun können, argumentierte der Staat. Außerdem stand die Truppe nach
       niederländischer Auffassung unter der Befehlsgewalt der Vereinten Nationen.
       
       Auch die Angehörigen der Opfer, die „Mütter von Srebrenica“, hatten
       Berufung eingelegt. Sie sind der Ansicht, dass die niederländischen Truppen
       für weitaus mehr Opfer haftbar seien. Die überlebenden Opfer des Genozids
       und die Angehörigen der Ermordeten von Srebrenica werden die Haltung der
       niederländischen UN-Soldaten ohnehin nie vergessen. Die Niederländer
       repräsentieren in ihren Augen als Blauhelm-Truppen der Vereinten Nationen
       die internationale Gemeinschaft insgesamt.
       
       27 Jun 2017
       
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   DIR Erich Rathfelder
       
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