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       # taz.de -- Ermittlungen gegen Polizei: Hamburg hat Berliner Nachspiel
       
       > Weil sie Jugendliche schikaniert haben sollen, wird gegen zwei Berliner
       > Beamte ermittelt. Von 133 verletzten Beamten konnten 126 ihren Dienst
       > fortsetzen.
       
   IMG Bild: Bei der Welcome-to-Hell-Demonstration in Hamburg waren viele Berliner Beamte im Einsatz
       
       Die Berliner Polizei hat gegen zwei ihrer Beamten Ermittlungen wegen des
       Verdachts auf Körperverletzung und Beleidigung eingeleitet, wie die Behörde
       am Mittwoch bestätigte. Vorausgegangen waren Vorwürfe von Mitgliedern der
       Grünen Jugend und der Linksjugend Solid, die angeben, auf der Rückfahrt von
       den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg auf einer Raststätte in
       Brandenburg von Berliner Polizisten schikaniert worden zu sein.
       
       Beamte der 25. Einsatzhundertschaft sollen die Insassen von drei Bussen,
       die auf dem Rastplatz Stolpe bei Parchim Pause gemacht hatten, umzingelt,
       als „linkes Dreckspack und Viehzeug“ beschimpft und zum Teil körperlich
       angegangen haben. „Sollten diese Vorwürfe zutreffen, wird das Konsequenzen
       geben“, sagte Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres, am
       Mittwoch der taz. Bisher sei die polizeiinterne Prüfung jedoch nicht
       abgeschlossen, der Senat erwarte, dass die Behörde bis Ende der Woche einen
       Bericht vorlege.
       
       Im Anschluss an den Vorfall wurden auf einer weiteren Raststätte diese und
       weitere aus Hamburg kommende Busse überprüft, dabei wurde bei allen 279
       Insassen die Identität festgestellt. Grund für die Maßnahme war nach
       Angaben der Polizei die Vermutung, in den Bussen könnten sich Personen
       befinden, die bei in Hamburg begangenen Straftaten als Zeugen infrage
       kämen. Laut Auskunft der Senatsverwaltung für Inneres geht es speziell um
       einen Fall, bei dem ein Polizist in Hamburg durch einen Steinwurf verletzt
       worden sei, gegen den mutmaßlichen Täter werde wegen versuchten Mordes
       ermittelt. Angaben der Hamburger Polizei zufolge gibt es im Rahmen der
       G20-Proteste allerdings nur in einem anderen Fall Ermittlungen wegen
       versuchten Mordes.
       
       ## Ungewöhnliches Vorgehen
       
       Hakan Taş, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, bezeichnet den
       Einsatz als „unverhältnismäßige Maßnahme“ und stellt dessen Rechtsmäßigkeit
       in Frage: Er habe vor Ort beobachtet, wie die Sachen der Businsassen ohne
       deren Anwesenheit durchsucht worden seien – da es sich bei den Personen
       nicht um Tatverdächtige, sondern lediglich um mögliche Zeugen handelte, ein
       mindestens ungewöhnliches Vorgehen. Auch für den zeitweise erfolgten Entzug
       von Handys sieht der Abgeordnete keine Rechtsgrundlage.
       
       Weil die nächste Sitzung des Innenausschusses erst im September
       stattfindet, habe seine Fraktion eine schriftliche Anfrage zu dem Einsatz
       eingereicht. „Wir werden so etwas nicht dulden“, sagte Taş. Zudem müsse
       sich die „Innenverwaltung Gedanken über Strukturänderungen bei der Polizei
       machen“ und Einsatzleiter für rechtswidrige Einsätze zur Verantwortung
       gezogen werden.
       
       Auf Anfrage der taz hat die Berliner Polizei außerdem mittlerweile genauere
       Details zu den im Rahmen des G20-Einsatzes verletzten Beamten
       herausgegeben: So seien von insgesamt 133 in Hamburg verletzten Berliner
       Polizisten 126 in der Lage gewesen, ihren Dienst fortzusetzen. Die sieben
       Beamten, die ihren Dienst vorzeitig beenden mussten, hätten „Hand- und
       Fingerbrüche, einen Achillesfersenriss sowie Kreislaufprobleme“ erlitten.
       Bei den leichten Verletzungen seien Atemwegsreizungen, Prellungen sowie
       Knalltraumata die häufigsten Verletzungsarten gewesen. Insgesamt waren laut
       Angaben der Polizei während des Gipfels 940 Berliner Polizisten im Einsatz,
       zunächst aus der 13., 22., 25., 34. und 36. Hundertschaft, nach einem
       erneuten Unterstützungsgesuch dann auch aus der 23. und 35. Hundertschaft.
       
       Im Rahmen des Einsatzes bei der Welcome-to-Hell-Demonstration am
       vergangenen Donnerstag hätten die Beamten eine „Häufung der Verletzungen“
       erlitten. Einen Bericht des Tagesspiegels, nach dem es in der Berliner
       Polizei als „Ehre“ aufgefasst worden sei, bei dieser Demonstration
       eingesetzt worden zu sein, wollte die Pressestelle der Polizei auf Anfrage
       nicht kommentieren.
       
       Verschiedenen Augenzeugenberichten zufolge sind die Berliner Polizisten in
       Hamburg besonders hart gegen Demonstranten vorgegangen. Die Behörde selbst
       sagt auf Anfrage, derartige Behauptungen weise sie zurück, alle Beamten
       hätten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben gehandelt.
       
       12 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malene Gürgen
   DIR Erik Peter
       
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