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       # taz.de -- Durchsuchung beim G20-Gipfel: Polizei verläuft sich bei Razzia
       
       > Eine Hundertschaft stürmte während des G20-Gipfels das Internationale
       > Zentrum B5. Die Aktion traf auch eine Wohnung und ein Kino.
       
   IMG Bild: Welchen Eingang hätten Sie gern? Polizisten durchsuchen das Internationale Zentrum
       
       Hamburg taz | Aufgebrochene Türen, gefesselte Anwohner und kaum Ergebnisse:
       Eine Hundertschaft der niedersächsischen Polizei und Beamte des
       Landeskriminalamtes Hamburg durchsuchten zwei Stunden lang das
       [1][„Internationale Zentrum“ B5] in der Brigittenstraße. Anlass für die
       Maßnahme war ein „ernstzunehmender Hinweis des Verfassungsschutzes“, sagt
       die Hamburger Polizei.
       
       Es habe Gefahr im Verzug gegeben und es hätten sich „gefährliche
       Gegenstände“ in den Räumlichkeiten befunden, die zur Herstellung von
       Brandsätzen genutzt werden könnten. Gefunden wurde illegale Pyrotechnik,
       keine Brandsätze. Dass direkt eine Hundertschaft benötigt wurde, um das B5
       am 8. Juli zu durchwühlen, begründete die Polizei mit der „Gesamtsituation
       während des G20-Gipfels“.Bei der Hausdurchsuchung gingen die Beamten rabiat
       vor.
       
       Sie ignorierten Aktivisten des Zentrums, die anboten, die Türen
       aufzuschließen und brachen sie stattdessen auf. Außerdem wurden auch
       [2][das benachbarte Kino B-Movie] und mindestens eine Privatwohnung
       durchsucht. Weder die Wohnung noch das Kino gehören zum B5. Es wurde für
       beide kein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vorgelegt.
       
       Der Anwohner, der nach eigenen Angaben im Erdgeschoss der Brigittenstraße 5
       wohnt, berichtet von Polizeigewalt. In einem Interview mit dem
       Online-Portal „Perspektive“ sagte er, dass Beamte ihn gefesselt hätten,
       dann über ihn gelaufen seien und ihn so am Bein verletzt hätten. „Danach
       wurde die Wohnung verwüstet“, erzählt er.
       
       Glaselemente in den Wohnungstüren seien zerschlagen worden, der Couchtisch
       wurde durch die Wohnung geworfen. Der Grund für die Durchsuchung sei ihm
       nicht genannt worden. Er habe der Polizei gesagt, dass er Anwohner sei und
       nichts mit dem B5 zu tun habe. Laut ihm war das den Polizisten egal. Erst
       nach zwei Stunden hätten die Beamten ihn entfesselt, aber ihm sei verboten
       worden, die Wohnung zu verlassen. Die Möglichkeit, Zeugen oder einen Anwalt
       zu holen, sei verweigert worden.
       
       Laut einer Mitteilung des „Internationalen Zentrums“ seien die Menschen im
       B5 über eine Stunde gefesselt gewesen, einer Ärztin sei es untersagt
       worden, sich um Verletzte zu kümmern. Außerdem seien ebenfalls keine Zeugen
       dabei gewesen, als die Polizei die Türen in den Räumlichkeiten aufbrach.
       Der Hinweis der Polizei auf gefundene Pyrotechnik sei „eine Lüge“. Das
       antiimperialistische Zentrum bezeichnet das Vorgehen als Angriff.
       
       Philipp Großmann vom B-Movie berichtet, dass der Einsatz „schockierend“
       war. Der Eingang zum Kino liegt im Hinterhof hinter dem B5. Es wäre für die
       Polizei leicht erkennbar gewesen, dass das Kino nicht zum „Internationalen
       Zentrum“ gehört, sagte Großmann. Die Beamten brachen die Eingangstür auf
       und verursachten leichte Schäden an Filmspulen und einem Projektor. Die
       Razzia des Kinos wurde abgebrochen, nachdem die Polizei merkte, dass sie im
       falschen Gebäude steht.
       
       Eine Durchsuchung ohne schriftlichen Durchsuchungsbeschluss kann legal
       sein. Laut Joachim Lauenburg, Fachanwalt für Strafrecht aus Hamburg, kommt
       es hierbei auf den zeitlichen Rahmen an. In einer offiziellen polizeilichen
       Mitteilung zu dem Einsatz heißt es, dass der Hinweis vom Verfassungsschutz
       am gleichen Tag einging. Damit könnte die Dringlichkeit gegeben sein, sagt
       Lauenburg.
       
       Ob die Durchsuchung wirklich rechtens ist, muss hinterher festgestellt
       werden. Jeder Betroffene kann Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft
       einfordern. Ein Anwalt kann dabei hilfreich sein. Aber eine rechtswidrige
       Hausdurchsuchung schützt nicht vor strafrechtlichen Konsequenzen, wenn
       illegale Gegenstände oder Drogen gefunden werden.
       
       Die Polizei beantwortete mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine
       Nachfragen. Auf die Durchsuchung des Kinos und des Nachbarn geht sie nicht
       ein. Die Durchsuchung ist Teil der G20-Sonderkommission. Erst wenn deren
       Arbeit abgeschlossen ist, könne man Stellung nehmen, so ein Sprecher.
       
       13 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://internationaleszentrumb5.wordpress.com/
   DIR [2] https://www.b-movie.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Philipp Steffens
       
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