# taz.de -- Kolumne Leuchten der Menschheit: Think global
> Eric Hobsbawm war Marxist und Universalhistoriker. Seine Methode der
> Globalgeschichte ist seit einigen Jahren wieder en vogue.
IMG Bild: Eric Hobsbawm im Januar 2008. Was viele nicht wissen: Der Historiker war auch Jazzkritiker
In der Geschichtswissenschaft geht ohne Globalgeschichte kaum noch was.
Seit zehn Jahren erscheint ein Monumentalwerk nach dem anderen; aus
Großbritannien sahen wir Studien von Christopher Bayly oder Peter
Frankopan, aus Deutschland Arbeiten von Jürgen Osterhammel oder Wolfgang
Reinhard, und zuletzt sorgte in Frankreich Patrick Boucheron mit seiner
„Histoire Mondiale de la France“ (2017) für euphorische Kritiken, 80.000
verkaufte Exemplare und einiges Aufsehen, weil er ein „pluralistisches
Konzept der Geschichte“ forderte.
Das ist im selbstverliebten Frankreich nicht selbstverständlich, wo
Geschichtsdebatten gern auf Fragen der nationalen Identität verengt
werden, wie Boucheron kritisiert.
Globalgeschichte bedeutet zum einen Kritik an rein eurozentristischen
Perspektiven und ist zum anderen auch einfach der produktive Versuch, die
immer kleinteiligeren und spezialisierteren Forschungsansätze zu vereinen.
Ein Pionier der Globalgeschichte war der britische Historiker Eric
Hobsbawm, der am 9. Juni seinen 100. Geburtstag feiern würde.
Globalgeschichte hat ihr Vorbild eigentlich immer irgendwie in der
französischen Annales-Schule, die einer breiter angelegten und miteinander
verbundenen Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte den Weg bahnte.
## Längst überfällig
So auch bei Hobsbawm, er schloss sie mit einer materialistischen
Geschichtsauffassung kurz. Das „lange 19. Jahrhundert“, das „kurze 20.
Jahrhundert“ und das „Zeitalter der Extreme“ sind Begriffe und Titel seiner
Bücher, die zu geflügelten Worten wurden.
Überfällig war eine Gesamtausgabe seiner Trilogie „Das lange 19.
Jahrhundert“ (erschienen 1962, 1975, 1986). Seit dieser Woche liegen die
Bände im Theiss Verlag als Nachdrucke vor. Man hätte ihnen eine schönere
Ausstattung gewünscht, aber wer die Bände noch nicht hat, sollte sich die
Gesamtausgabe zulegen. Der Historiker und Jazzkritiker Hobsbawm ist
wunderbar zu lesen und frei von akademischem Jargon. Er ist Marxist in der
Methode und Individualist im Urteil.
17 Jul 2017
## AUTOREN
DIR Tania Martini
## TAGS
DIR Geschichtswissenschaft
DIR Globalisierung
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