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       # taz.de -- Kieler Nachrichten wurden bespitzelt: Polizei will nicht spioniert haben
       
       > Die „Kieler Nachrichten“ behaupten, die Polizei bespitzele sie. So fand
       > der Chefredakteur einen Sender an seinem Wagen. Der Innenminister
       > schließt das aus
       
   IMG Bild: Landespolizeichef Ralf Höhs: Verschanzt er sich nur hinter einem Schild oder auch hinter Schutzbehauptungen?
       
       Hamburg taz | Was als „Rocker-Affäre“ in Schleswig-Holstein begann, weitet
       sich aus. Am Montag hat nun der neue schleswig-holsteinische Innenminister
       Hans-Joachim Grote (CDU) Spionage-Vorwürfe der Kieler Nachrichten (KN)
       zurückgewiesen. Die hatten berichtet, dass der Mail-Account ihres
       Polizeireporters geknackt worden sei. Auch sei der Wagen des Chefredakteurs
       mit einem Peilsender versehen worden. Von wem, wissen die KN nicht. Doch
       habe die Zeitung aus Polizeikreisen erfahren, dass die Polizei Reporter
       überwache, die in der Rocker-Affäre recherchieren – wohl, um ausfindig zu
       machen, wer innerhalb der Polizei mit den Journalisten rede.
       
       Innenminister Grote erklärte nun: „Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen
       hat es die Maßnahmen gegen Journalisten nicht gegeben.“ Er vertraute dabei
       unter anderem auf die Expertise von Landespolizeidirektor Ralf Höhs und
       Thorsten Kramer, der das Landeskriminalamt führt.
       
       Bei den KN hatte man die Warnungen sehr ernst genommen und daraufhin die
       Autos der Redakteure von einer Spezialfirma überprüfen lassen. Ergebnis: Am
       Wagen von Chefredakteur Christian Longardt wurde durch den Einsatz eines
       Funkwellen-Detektors eine auffällige Frequenz im Bereich des vorderen,
       linken Radkastens ermittelt.
       
       Ein Video, das die KN auf ihrer Internetseite hochgeladen haben,
       dokumentiert den Ablauf vom Samstagabend, dem 17. Juni. Am Montag, 19.
       Juni, fuhr man den Wagen in eine Werkstatt, um den Peilsender, der
       „fingerkuppengroß“ sein sollte, ausfindig zu machen. Nur: Es fand sich
       weder ein Sender, noch das Signal vom Samstagabend wieder.
       
       ## „Wir müssten damit rechnen, überwacht zu werden“
       
       Chefredakteur Longardt sagte der taz: „Ich glaube nicht an
       Verschwörungstheorien. Aber möglicherweise hat jemand von Samstag auf
       Montag den Sender wieder vom Auto entfernt.“ Unmöglich sei das nicht, den
       KN-Parkplatz sichere eine Schranke, das Auto habe unter einem Vordeck mit
       Rolltor gestanden.
       
       „Wir haben viele gute und vertrauenswürdige Quellen bei der Polizei, die
       uns darauf hingewiesen haben, dass auch wir damit rechnen müssten,
       überwacht zu werden“, sagte Longardt. „Auch haben Kriminalbeamte gesagt,
       dass Peilsender normalerweise vorne im Radkasten versteckt werden.“
       
       LKA-Chef Kramer bezog am Montag Stellung zur vermuteten Präparation von
       Longardts Dienstwagen mit Peiltechnik und dem Hacken eines E-Mail-Kontos.
       Im Ergebnis seien die in der Medienberichterstattung geäußerten
       Verdachtsmomente sowohl technisch unmöglich als auch rechtlich unzulässig.
       
       Kramer sagte: „Das im Video zu sehende Frequenzband des angeblichen
       Peilsenders liegt außerhalb des für die GPS-Ortung durch die Landespolizei
       genutzten Netzes. Es liegt auch außerhalb der Frequenzen unserer
       Funkpeiler.“ Der Bereich – 1015 bis 1033 Megahertz – sei laut
       Bundesnetzagentur für den militärischen Flug-Navigationsdienst ausgewiesen.
       Es sei deshalb auszuschließen, „dass polizeiliche Technik im Einsatz war“.
       Und: „E-Mail Kontos werden nicht gehackt, sondern die Inhalte werden nach
       richterlicher Anordnung vom Provider abgefordert.“
       
       Landespolizei-Chef Ralf Höhs sagte, „die Berichterstattung hinterlässt
       nicht nur Spuren in der Öffentlichkeit, sondern auch und gerade in der
       Landespolizei“. Dienststellen und Führungskräfte würden angegriffen und
       ihnen „gravierende Rechtsverstöße“ vorgeworfen.
       
       17 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Joram
       
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