URI: 
       # taz.de -- Sozialgericht zur Rentenversicherung: Kein Beitragsrabatt für Eltern
       
       > Gleiche Rentenbeiträge für Eltern und Kinderlose sind rechtens. Zu diesem
       > Urteil kam nun das Bundessozialgericht.
       
   IMG Bild: Für Kinderlose und Familien gilt gleichermaßen: Die Rente ist unsicherer als die Schnullerenwöhnung
       
       Kasseltaz |Eltern müssen bei den Beiträgen zur Rentenversicherung nicht
       entlastet werden. Das entschied jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in
       Kassel. Die Gleichbehandlung von Eltern und Kinderlosen bei den
       Rentenbeiträgen verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Eine Vorlage an das
       Bundesverfassungsgericht sei deshalb nicht erforderlich.
       
       Geklagt hatten zwei Elternpaare aus Freiburg, hinter denen der Familienbund
       der Katholiken steht. Die Klagen ziehen sich schon seit über zehn Jahre
       dahin, die Kinder sind längst volljährig. Aber den Klägern geht es ums
       Prinzip. Eltern sollten danach nur die Hälfte der üblichen Rentenbeiträge
       zahlen, weil sie durch die Erziehung ihrer Kinder bereits einen anderen
       Beitrag zur Zukunft der Rentenversicherung leisten.
       
       Hilfsweise wollten die Eltern einen Betrag in Höhe von 833 Euro pro Monat
       und Kind beziehungsweise einen Betrag in Höhe des steuerlichen
       Existenzminimums von den zu entrichtenden Sozialbeiträgen abziehen können.
       
       Die klagenden Eltern beriefen sich auf ein Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2001. Damals hatte Karlsruhe bei der
       frisch eingeführten Pflegeversicherung die Gleichbehandlung von Eltern und
       Kinderlosen beanstandet, da nur die Eltern einen „generativen Beitrag“
       leisten. In der Folge wurde der Beitrag für Kinderlose in der
       Pflegeversicherung um 0,25 Prozent erhöht.
       
       ## Versicherungen unterschiedlich strukturiert
       
       2001 hatte Karlsruhe den Gesetzgeber zugleich zur Prüfung verpflichtet, ob
       das Urteil auf Renten- und Krankenversicherung übertragen werden kann. Der
       Bundestag prüfte und verneinte. Seitdem versucht der Familienbund,
       unterstützt vom Regensburger Rechtsprofessor Thorsten Kingreen und vom
       pensionierten Landessozialrichter Jürgen Borchert, das Thema wieder nach
       Karlsruhe zu bringen. Das Bundessozialgericht hatte allerdings schon
       zweimal, 2006 und 2015, eine Richtervorlage abgelehnt.
       
       Auch diesmal waren die Richter nicht überzeugt, dass die bestehende
       Rechtslage verfassungswidrig ist. Das Pflegeurteil sei nicht auf die
       Rentenversicherung übertragbar, weil beide Versicherungen unterschiedlich
       strukturiert seien: Die Pflegeversicherung leiste bei Bedarf, die
       Rentenversicherung entsprechend der eingezahlten Beiträge. Deshalb bestehe
       bei der Rentenversicherung auch die Möglichkeit, auf der Leistungsseite zu
       differenzieren. Das habe der Gesetzgeber auch gemacht, indem bis zu drei
       Rentenjahre pro Kind für Kindererziehungszeiten gewährt werden. Eine
       zusätzliche Differenzierung auf der Beitragsseite sei nicht erforderlich,
       so die Richter.
       
       Auch außerhalb der Rentenversicherung fördere der Gesetzgeber die Familien,
       etwa durch die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Ehegatten,
       durch Kindergeld, Elterngeld und Kinderfreibeträge im Steuerrecht.
       BSG-Präsident Rainer Schlegel erwähnte zudem die kostenlose Schul- und
       Hochschulbildung. „Es gibt keine Pflicht, Eltern auf Euro und Cent genauso
       zu stellen, als hätten sie keine Kinder.“ Der Gesetzgeber habe einen
       Gestaltungsspielraum, der nicht überschritten worden sei, betonte Richter
       Schlegel.
       
       Das Bundesverfassungsgericht wird sich dennoch demnächst mit einem
       generellen Elternrabatt bei der Sozialversicherung beschäftigen. Gegen das
       BSG-Urteil von 2015 haben die Kläger, die ebenfalls zum katholischen
       Familienbund gehören, Verfassungsbeschwerde eingelegt. (Az.: B 12 KR 13/15
       R.)
       
       20 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Rentenversicherung
   DIR Kinder
   DIR Eltern
   DIR Bundessozialgericht
   DIR Tarif
   DIR Schwerpunkt Armut
   DIR Kanzlerkandidatur
   DIR Rente
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Urteil zu Schauspielern und Arbeitsmarkt: Kein Begabungstest vom Amt
       
       Absolventen privater Schauspielschulen müssen künftig von Arbeitsagenturen
       vermittelt werden – ohne Zugangstest.
       
   DIR Tarifeinigung bei Öffentlich-Rechtlichen: Sonderweg statt Kompromiss
       
       Die Betriebsrenten bei ARD und Deutschlandfunk sollen langsamer steigen als
       die Gehälter. Darauf haben sich Sender und Gewerkschaften geeinigt.
       
   DIR Debatte Altersarmut unter Frauen: Altersversorgung Ehemann
       
       2030 werden Rentnerinnen oft weniger als als 1.000 Euro im Monat bekommen.
       Gegen Altersarmut hilft Heiraten mehr als das Rentensystem.
       
   DIR Debatte Altersvorsorge: Im Rentenwahlkampf
       
       Martin Schulz geißelt die rentenpolitische Enthaltsamkeit der
       Bundeskanzlerin. Nur: In seiner Partei sieht es nicht viel besser aus.
       
   DIR Linken-Politiker über Altersvorsorge: „Das ist eine Pokerrente“
       
       Die geplante Betriebsrentenreform ist gefährlich, sagt Linken-Rentenexperte
       Birkwald. Normal- und Geringverdiener zahlen womöglich drauf.