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       # taz.de -- Denkmalschutz in Hamburg: Kampf um Schilleroper-Erhalt
       
       > Bezirksamt stellt Pläne für Zukunft der denkmalgeschützten Schilleroper
       > vor. Eigentümer wollen abreißen, Ateliers und Wohnungen bauen.
       
   IMG Bild: In Deutschland einzigartig: Die Schilleroper.
       
       Hamburg taz | „Wir sind extrem früh dran“, lobt Bezirkschef Falco Droßmann
       (SPD) sich und sein Team. Noch „bevor irgendein Abriss- oder Bauantrag
       vorliegt“, stellt der Amtsleiter des Bezirks Hamburg-Mitte am Dienstagabend
       gut 200 AnwohnerInnen die „ersten Ideen“ der Investorin für das
       Neubau-Projekt „Schilleroper“ vor. Und das sieht erst einmal den Abriss des
       1891 erstellten Rundbaus vor, der einst als Zirkusgebäude erstellt wurde
       und seit Jahrzehnten ungenutzt vor sich hin gammelt.
       
       Doch genau an diesem Abriss scheiden sich die Geister. Während die
       Eigentümerin das alte Gebäude für nicht sanierbar hält, hat das
       Denkmalschutzamt die Stahlkonstruktion, die das Gebäude trägt, als
       erhaltenswert und damit schutzwürdig eingestuft. Zwei Gutachten, eins von
       den Denkmalschützern, eins von der Eigentümerin in Auftrag gegeben, kommen
       zu exakt gegensätzlichen Prognosen darüber, ob das Stahlskelett erhalten
       werden kann.
       
       Nun soll ein drittes, vom Amt für Bauordnung und Hochbau erstelltes
       Gutachten bis zum Herbst Klarheit bringen. Auch Droßmann spricht sich für
       einen Erhalt aus, „wenn das technisch möglich ist“. Die erschienenen
       Anwohnerinnen wollen sowieso mehrhaltlich nicht nur die Stahlträger,
       sondern den gesamten historischen Bau erhalten.
       
       „Es gibt keinen vergleichbaren Rundbau in Stahlskelettweise aus dem 19.
       Jahrhundert in Deutschland und nur noch in Lissabon und Kopenhagen
       vergleichbare Gebäude, die auch saniert wurden und genutzt werden“, betont
       die Historikerin Anke Rees. Ein Abriss wäre „deshalb unverzeihlich.“
       
       Als Drossmann berichtet, wie schwer es war, im Stadtteil kurzfristig einen
       Veranstaltungsraum für den Schilleroper-Infoabend zu finden, kontert ein
       Anwesender: „Dafür wäre eine sanierte Schilleroper, in die etwa 600 Leute
       hineinpassen würden, doch ein optimaler Platz“. Doch dieser Platz könnte
       nach Droßmanns Einschätzung im Innern des neuen Rundbaus entstehen, da die
       Eigentümerin auch „einer Stadtteilnutzung offen gegenüber“ stehe.
       
       Der jetzige Zustand, indem das Gebäude verschlossen vor sich hin rotte, sei
       hingegen „unwürdig.“ Auch der Fraktionschef der Bezirks-Grünen, Michael
       Osterburg, bricht eine Lanze für die Pläne der Investorin, damit die Fläche
       „nicht weiter ungenutzt für den Stadtteil bleibt.“
       
       Die Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, Heike Sudmann, beklagt, die
       Eigentümer seien „ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die
       denkmalgeschützte Stahlkonstruktion zu erhalten“ und würden für „dieses
       Nichtstun jetzt mit lukrativen Neubauten belohnt“. Den neuen
       Rundbau-Entwurf des Schweizer Architekten Max Dudler, der durch seine Form
       an die alte Schilleroper erinnern soll, finden die meisten Anwesenden
       gründlich misslungen.
       
       „Die Anmutung einer Rotunde entsteht nicht durch ein rundes Häuschen, wo
       schöne Ateliers reinkommen – das hat mit Schilleroper nichts zu tun“,
       wettert etwa die Stadtteilaktivistin Theresa Jakobs.
       
       Misslungen sind nach Ansicht des Bezirksamt auch die an den Rundbau
       angrenzenden Wohnblocks, die sechs- und zehngeschossig geplant sind. „Das
       ist wie viele andere Details des Konzepts nicht einmal mit einer
       Ausnahmeverfügung genehmigungsfähig“, betont Bezirksamtschef Drossman. Bei
       sieben Geschossen müsse wohl Schluss sein, soll sich der Bau noch in das
       Wohnviertel rund um die Lerchenstraße einpassen.
       
       „Die Eigentümerin wird bald den Antragsweg beschreiten“, prognostiziert
       Droßmann – spätestens nach einer Denkmalschutzentscheidung im Herbst
       rechnet er mit konkreten Vorbescheidsanträgen. Über die weiteren Schritte
       des Genehmigungsverfahrens verspricht der Bezirkschef die AnwohnerInnen
       frühzeitig und regelmäßig zu informieren, um so einen „transparenten
       Beteiligungsprozess“ zu organisieren.
       
       26 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
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