# taz.de -- Angezündete Autos in Berlin: Mit Feuer und Flamme dabei
> Aktuelle Zahlen zeigen: Autos abfackeln ist meist keine linke politische
> Aktion, sondern Versicherungsbetrug, Racheakt – oder ein rechter Angriff.
IMG Bild: Ein politisches Feuer?
Berlin taz | Die Deutschen lieben ihr Auto. Das ist so banal wie wahr, und
daran ändern auch die zunehmend schlechten Verbrennungswerte von
Dieselfahrzeugen und die seit einigen Jahren aufflackernde Leidenschaft
fürs Radfahren in Berlin nur langsam etwas. Kein Wunder, dass die Bilder
der während des G20-Gipfels angezündeten Fahrzeuge weite Verbreitung fanden
und die Politik den sinnlos Betroffenen rasch finanzielle Hilfen gewährte.
Beim Auto, so die Botschaft, darf nichts anbrennen.
Auch in Berlin werden mal mehr, mal weniger Autos abgefackelt. Es gab
Jahre, da schien – so der erste Eindruck – linksradikale Politik nur aus
dem Anzünden von Fahrzeugen zu bestehen. Jedenfalls überboten sich die
Boulevardmedien mit Hetze gegenüber den vermeintlichen Tätern und Häme
gegenüber Politik und Polizei, die kaum einen der gewünschten Täter fassen
konnte.
Was daran lag und liegt, dass der gerne pauschal unterstellte politische
linke Hintergrund in viel weniger Fällen besteht als von der von
Autobränden angeheizten Kleinbürgerseele gewünscht. Bislang galt die
Faustregel, dass dies etwa für ein Drittel aller Autobrandstiftungen
angenommen wird; laut den Zahlen für dieses Jahr, die nach dem Hamburger
Gipfel besonders neugierig betrachtet werden, ist es sogar lediglich jede
fünfte.
151 Autos wurden in Berlin laut Polizei bis 21. Juli angezündet; bei 22
Taten mit 33 attackierten Wagen vermutet sie eine politische Motivation. 14
davon werden dem linken Spektrum zugeordnet, 8 dem rechten. Unter letztere
Kategorie fallen auch die Anschläge auf Fahrzeuge von Linken in Neukölln.
Das den Deutschen „heilige Blechle“ zu zerstören ist auch für Nazis kein
Tabu mehr.
Diese Zahlen zeigen aber eben auch, dass der bei Weitem größte Teil der
Taten unpolitisch ist. Es handle sich laut Polizei um Vandalismus,
Versicherungsbetrug oder Racheakte im privaten Umfeld.
Wer länger über diese Bilanz nachdenkt, kann glauben, dass es mit der Liebe
der Deutschen zum Auto doch nicht ganz so weit her sein kann. Sonst würde
man doch nicht so lieblos damit umgehen. Schön wär’s. Wahrscheinlich ist
das Gegenteil der Fall: Die Beziehung ist so innig wie eh und je. Und der
Schaden, den ein anderer erleidet, soll mindestens so schmerzen wie eine
Brandwunde.
28 Jul 2017
## AUTOREN
DIR Bert Schulz
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