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       # taz.de -- Kommentar „Moralisierung der Politik“: Macrons moralisches Feigenblatt
       
       > Frankreichs Präsident hat ein erstes Wahlversprechen umgesetzt. Aber
       > eigentlich hat sich Frankreich bloß dem europäischen Standard angepasst.
       
   IMG Bild: Wird nun nicht mehr gebraucht: Wahlkampfmaterial von François Fillon (l.) und Emmanuel Macron
       
       Mit der [1][Verabschiedung der Gesetze zur „Moralisierung der Politik“] hat
       Emmanuel Macron sein erstes Wahlversprechen gehalten. Das war allerdings
       auch die leichteste Aufgabe, denn der Druck der Gesellschaft war in dieser
       Frage spätestens seit der „Fillon-Affäre“ so groß, dass sich kaum jemand
       aus den Reihen der Opposition getrauen konnte, frontalen Widerstand zu
       leisten. Viele haben sich bei der Schlussabstimmung enthalten.
       
       Mit dieser gesetzlichen „Moralisierung“ wird formell ein Schlussstrich
       unter gewisse in Frankreich gängige Praktiken gezogen, die zwar schon lange
       ein bekanntes öffentliches Ärgernis darstellten, aber nicht explizit
       verboten waren. Das Parlament hat somit sein moralisches Feigenblatt.
       
       Macron kann sich mit einem ersten innenpolitischen Erfolg brüsten. Das
       Vertrauen seiner Landsleute kann er aber nicht mit einem Gesetz
       beschließen. Ob sie nun anschließend den weitgehend ausgewechselten
       Mitgliedern der Nationalversammlung wirklich mehr Kredit geben und ob es
       tatsächlich weniger Interessenkonflikte und Pressionen von Lobbys geben
       wird, ist eine andere Frage.
       
       Eigentlich hat sich Frankreich bloß dem europäischen Minimum angepasst. Das
       ist indirekt wirklich dem unglücklichen Präsidentschaftskandidaten François
       Fillon zu verdanken, der die mutmaßliche Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau
       für so normal gehalten hat, dass er trotz der Enthüllung des Skandals
       Staatschef werden wollte.
       
       Von einer „Moralisierung“ der Politik kann erst die Rede sein, wenn die
       Justiz in dieser Fillon-Affäre auch ihre Arbeit bis zum Ende erledigt.
       Vielleicht kehrt dann das seit vielen Jahren verlorene Vertrauen der Bürger
       in ihre gewählten Vertreter zurück. Die zweite Voraussetzung dafür wäre es,
       dass die bisher manchmal unbeholfen wirkende neue Regierung nicht nur in
       der Moral, sondern auch in anderen Fragen die Forderungen und Befürchtungen
       der Leute ernst nimmt.
       
       31 Jul 2017
       
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