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       # taz.de -- Kommentar zum Tod von Liu Xiaobo: Armes China
       
       > Beim Schicksal des Friedensnobelpreisträgers Liu demonstriert Peking
       > Unmenschlichkeit. Wie ängstlich und unsouverän muss ein Regime sein?
       
   IMG Bild: Sein Stuhl blieb leer: Zur Nobelpreisverleihung durfte Liu nicht anreisen
       
       Den meisten Menschen in China geht es wirtschaftlich heute besser denn je.
       Doch wer dort öffentlich politische Freiheiten, ein Mehrparteiensystem und
       eine unabhängige Justiz fordert, wird gnadenlos bis in den Tod verfolgt.
       Das ist die Botschaft des Exempels, das Chinas autoritäre Führung [1][am
       soeben verstorbenen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo] statuiert hat.
       
       Liu war eine der Hauptinitiatoren der „Charta 08“. Dieser demokratische
       Katalog orientierte sich an der tschechischen „Charta 77“ und enthält
       politische Forderungen, für die in aufgeklärten modernen Gesellschaften
       eigentlich niemand ins Gefängnis sollte.
       
       Doch das diktatorische Regime in Peking fühlte sich genau davon bedroht und
       verurteilte Liu deshalb als abschreckendes Beispiel zu elf Jahren Haft. Die
       ungerechte Strafe brachte ihm als ersten Chinesen den Friedensnobelpreis
       ein. Die Regierung in Peking schäumte vor Wut und isolierte ihn und seine
       Frau Liu Xia unerbittlich.
       
       Lius Schicksal wurde in China totgeschwiegen. Als zuletzt bei ihm
       Leberkrebs im Endstadium diagnostiziert wurde, verlagerte sich die
       Auseinandersetzung auf letzte mögliche medizinische Maßnahmen und die
       Gestaltung seines Ablebens. Peking bestand weiter auf voller Kontrolle Lius
       in einem chinesischen Krankenhaus und lehnte die von einem deutschen und
       amerikanischen Arzt empfohlene Gnade einer medizinischen Behandlung im
       Ausland ab.
       
       Wie unsouverän und ängstlich muss ein Regime sein, das selbst einem
       Sterbenskranken die Ausreise verwehrt, weil er vor seinem Tod vielleicht
       noch ein paar kritische Worte im Ausland verlieren könnte? Ironischerweise
       war Peking plötzlich daran gelegen, Lius Krankheitszustand eher zu
       dramatisieren anstatt wie frühere herunterzuspielen, um in den Augen der
       Weltöffentlichkeit nicht als völlig unmenschlich dazustehen. Seine
       Transportunfähigkeit sollte von der unmenschlichen Kontrolle ablenken.
       
       Liu war sehr mutig – und ist jetzt zu einem Märtyrer für politische
       Reformen in China geworden. Es ist zu hoffen, dass eines Tages geklärt
       werden kann, ob er noch hätte gerettet werden können. Selbst wenn nicht,
       dürfte die zur Schau gestellte Unmenschlichkeit immer auf das Regime in
       Peking zurückfallen. Armes China.
       
       13 Jul 2017
       
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