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       # taz.de -- Oberamtsanwalt lief bei Identitären mit: Beamter mit Rechtsdrall
       
       > Ein Oberamtsanwalt demonstriert mit der „Identitären Bewegung“ und
       > schwärmt im Netz. Das Justizministerium prüft den Fall.
       
   IMG Bild: Samt Oberamtsanwalt Lars G.: Identitären-Demo im Juni 2017 in Berlin
       
       Hamburg taz | Der Marsch der „Identitären Bewegung“ (IB) am 17. Juni in
       Berlin scheiterte am Protest. An jenem Tag wollten sie an den Aufstand in
       der DDR vor 64 Jahren erinnern. In ihren Reihen waren nicht nur studierende
       Anhänger der rechtsextremen Bewegung. Mitten im Block: Lars G.,
       Oberamtsanwalt in Rostock. „Das Justizministerium geht den Hinweisen nach“
       sagt Katja Riekers, Pressesprecherin des Justizministerium
       Mecklenburg-Vorpommern der taz.
       
       In Rostock ist G. bei der Staatsanwaltschaft per Amtsdefinition für kleine
       und mittlere Kriminalität zuständig. Er muss über Anklagen von
       Körperverletzungen bis zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz
       entscheiden.
       
       Einen Tag nach dem Aufmarsch in Berlin postete der 50-Jährige bei Facebook
       ein Gedicht: „Heraus! Strebt nach vorne, seht die Fahne, wie sie euch die
       Richtung weist. Sanftes Lied trägt Mut zutage, wenn die Mauer furchtsam
       reißt“. Und weiter: „Glüht mit ihr, brennende Fahne, ist des heißen Kampfes
       Lohn. Wie die Kraft aus frühem Tage, wächst heraus des Vaters Sohn“. Im
       März schwärmte der Staatsdiener von der „Kontrakultur“, ein Synonym für die
       Identitären in Mecklenburg-Vorpommern: „Sie ist überraschend, weil sie ganz
       anders ist, als du es erwartest. Sie öffnet Türen, weil sie neu ist,
       unverdorben und voller Spannung. Und es gibt sie, weil sie so sehr
       gebraucht wird“.
       
       Seit 2012 ist die IB in Deutschland aktiv, seit vergangenem Jahr wird sie
       vom Bundesverfassungsschutz beobachtet. Mit inszenierten Provokationen
       versuchen die überwiegend jungen Anhänger Diskurse in der Mitte der
       Gesellschaft zur Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu befeuern. Die
       „Jugendbewegung ohne Migrationshintergrund“, wie sie sich selbst
       bezeichnen, beklagt den Verlust des „Eigenen“ durch eine vermeintlichen
       Islamisierung, warnt von dem „großen Austausch“ der autochthonen
       Bevölkerung und fordert „Re-migration“.
       
       Ihre Aktionen werden radikaler: Im Mittelmeer wollen sie mit einem eigenen
       Schiff die Rettung von Geflüchteten verhindern. In einigen Bundesländern
       beachteten Geheimdienste sie schon früher, in Bremen sollen Anhänger der IB
       gleich den Reichsbürgern entwaffnet werden.
       
       Bereits am 6. Dezember 2015 schwärmt Lars G. in einem Leserkommentar auf
       der Website des neurechten Magazins Sezession vom Wortführer der IB:
       „Lieber Martin Sellner, immer dann, wenn ich gerade in Gefahr gerate, mich
       damit abzufinden, dass der Untergang unvermeidlich ist“ wegen des „globalen
       multikulturellen Wahnsinns (…) erscheinen Sie und entfachen wieder die
       Flamme der Hoffnung, dass es doch noch eine Chance auf ein Morgen für unser
       Volk und Land geben kann, wenn man nur bereit ist, den Kampf dafür nicht
       aufzugeben“.
       
       Der Kommentar in der Zeitschrift Sezession, die zum Netzwerk des „Instituts
       für Staatspolitik“ (IfS) gehört, offenbart auch gleich diese Nähe. Das
       neurechte Zentrum IfS, mitgegründet von Götz Kubitschek, richtet auch
       Seminare und Akademien aus. Bei Sezession schwärmt G. nun nach dem Besuch
       einer solchen Veranstaltung von einem „einfach genialen Götz Kubitschek“.
       
       ## Der Justizminister als „Gottkönig“
       
       Auf der Facebookseite des Vorsitzenden der IB, Daniel Fiß, geht der
       Angehörige der Rostocker Staatsanwaltschaft dann, gemeinsam mit Fiß,
       Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) an – wegen dem
       „Antidiskriminierungsgesetz“: „Das Prinzip des ‚vorauseilenden Gehorsam‘
       lässt Kritik an den abstrusesten Ideen des Gottkönigs (=Fachminister) gar
       nicht erst aufkommen“.
       
       Zusammen mit Aktivisten der IB besuchte G. am 7. Juli einen Vortrag auf dem
       Haus der Burschenschaft Redaria Allemannia, an dem auch der
       Landtagsabgeordnete der AfD, Holger Arppe, teilnahm. Wenige Tage später
       zeigte sich der Oberamtsanwalt mit ehemaligen NPD-Aktivisten und Kubitschek
       in Halle vor dem neuen Hausprojekt der Identitären.
       
       „Ob und welche dienstrechtlichen Konsequenzen sich ergeben, kann
       gegenwärtig noch nicht beurteilt werden“ sagt Riekers. Für die taz war G.
       bei der Staatsanwaltschaft nicht telefonisch zu erreichen. Auf eine
       Email-Anfrage antwortete er nicht.
       
       14 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
   DIR andrea Röpke
       
       ## TAGS
       
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