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       # taz.de -- Jahrestag des Putschversuchs in Türkei: Kritik an Verlängerung des Notstands
       
       > Der Niederschlagung des Putsches wird in der Türkei mit viel Pathos
       > gedacht. Die parlamentarische Opposition will aber nicht in die
       > Heldenarien miteinstimmen.
       
   IMG Bild: Wohin man auch schaut an diesem Wochenende: überall türkische Fahnen
       
       Istanbul ap | Ein Jahr nach dem Putschversuch in der Türkei hat die
       Opposition der Regierung schwere Versäumnisse vorgeworfen. Der Vorsitzende
       der Republikanischen Volkspartei, Kemal Kilicdaroglu, erklärte in einer
       Sondersitzung des Parlaments am Samstag, die Geschehnisse vom 15. Juli 2016
       seien nicht vollständig untersucht worden. Außerdem habe die Regierung den
       ausgerufenen Notstand dauerhaft verlängert.
       
       Weitere Kritik kam von der prokurdischen Demokratischen Volkspartei. Deren
       stellvertretender Vorsitzender Ahmet Yildirim sagte in der Sitzung, die
       Regierung sei nach dem Umsturzversuch gegen Menschen und Institutionen
       vorgegangen, die gegen einen Putsch gewesen seien. Auch Abgeordnete der
       Volkspartei befinden sich derzeit in Haft.
       
       Ministerpräsident Binali Yildirim dankte den Anhängern der Regierung für
       ihren Einsatz gegen die Putschisten. Am Abend des 15. Juli waren tausende
       Menschen einem Aufruf von Präsident Recep Tayyip Erdogan gefolgt und auf
       die Straßen gegangen. „Ihr Land ist Ihnen dankbar“, sagte Yildirim an die
       Demonstranten gewandt.
       
       Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte jeden Versuch zur
       Schwächung der Demokratie in den Mitgliedsländern als inakzeptabel.
       Stoltenberg erinnerte am Samstag in Brüssel an die rund 250 Menschen, die
       der vereitelte Umsturz das Leben kostete und lobte die Bürger, die zur
       Verteidigung ihrer gewählten Regierung auf die Straße gegangen seien.
       
       ## 7400 weitere Staatsangestellte entlassen
       
       Am 15. Juli 2016 versuchten türkische Soldaten, die Regierung und Präsident
       Erdogan zu stürzen. Sie setzten Panzer, Kampfflugzeuge und Hubschrauber
       ein. Die Putschisten bombardierten das Parlament und andere Gebäude, wurden
       aber letztlich gestoppt.
       
       Am Wochenende sollte mit Veranstaltungen in Istanbul und Ankara an die
       Niederschlagung des Putsches erinnert werden. Auf einer Brücke in Istanbul
       sollte ein Denkmal enthüllt werden. Zu Märschen für die nationale Einheit
       wurden am Wochenende Tausende Teilnehmer erwartet.
       
       Am Freitagabend entließ die Regierung fast 7400 weitere Staatsangestellte.
       Die Lehrer, Hochschulmitarbeiter, Militärbedienstete und Polizisten wurden
       per Dekret suspendiert. Sie wurden beschuldigt, Verbindungen zu
       Terrorgruppen zu haben. Es ist die jüngste von mehreren Massenentlassungen
       seit dem Putschversuch. Zu den Suspendierten zählt auch der ehemalige
       Gouverneur von Istanbul, Hüseyin Avni Mutlu, der letzten August wegen
       angeblicher Verbindungen zu dem Geistlichen Fethullah Gülen eingesperrt
       wurde.
       
       Die Türkei hat Gülen beschuldigt, hinter dem Putschversuch zu stecken. Der
       in den USA lebende Geistliche hat dies abgestritten.
       
       Nach dem versuchten Staatsstreich rief die Türkei den Notstand aus, der
       immer noch gilt. Dies erlaubt es der Regierung, mit Dekreten zu regieren.
       Mehr als 50 000 Menschen sind festgenommen worden. Mit den jüngsten
       Kündigungen sind mehr als 110 000 Staatsangestellte wegen angeblicher
       Verbindungen zu Gülen oder terroristischen Organisationen entlassen worden.
       
       15 Jul 2017
       
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