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       # taz.de -- Rückkehr in deutsche Wälder: Die Wildkatzen vernetzen sich
       
       > Lange galt der „kleine Tiger Europas“ als nahezu ausgestorben – nun ist
       > er wieder da. Mit Korridoren vernetzte Wälder machen es möglich.
       
   IMG Bild: Welcome back!
       
       Berlin taz | Katzenfreunde, aufgepasst: In deutschen Wäldern gibt es wieder
       Wildkatzen. Lange Zeit galt der „kleine Tiger Europas“, der im Gegensatz
       zur Hauskatze ein deutscher Ureinwohner ist, als nahezu ausgestorben.
       Aggressive Jagd hatte dazu geführt, dass es Anfang des 20. Jahrhunderts
       hierzulande kaum mehr Bestände gab. Mittlerweile wird die Katze zwar nicht
       mehr gejagt, stattdessen zerstören Landwirtschaft und Straßenbau ihre
       natürlichen Lebensräume.
       
       Das Projekt „Wildkatzensprung“, das gemeinsam vom Bund für Umwelt und
       Naturschutz (BUND) und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
       umgesetzt wurde, hat es nun geschafft, den Wildkatzenbestand in Deutschland
       wieder auszuweiten. Nach über sechs Jahren geht das Naturschutzprojekt zu
       Ende und Hubert Weiger, Bundesvorsitzender des BUND, zieht eine positive
       Bilanz: „Es ist uns gelungen, den Schutz der Wildkatze nachhaltig zu
       verbessern“, sagte Weiger am Dienstag in Berlin.
       
       Das Projekt basierte nicht auf Wiedereinbürgerungsmaßnahmen wie etwa der
       Nachzucht und dem Aussetzen von Wildkatzen. Stattdessen sollten die
       zerschlagenen Lebensräume der Ureinwohnerin wiederhergestellt werden, damit
       sie sich natürlich verbreiten kann.
       
       Die scheue Wildkatze fühlt sich in naturnahen Laub- und Mischwäldern am
       wohlsten. Häufig sind solche Wälder aber durch Industrie- und Ackerflächen
       voneinander getrennt, was die Katze bei ihren langen Streifzügen stört.
       Eines der Kernziele des Projektes war es deshalb, Wälder in denen jetzt
       schon Wildkatzen leben, wieder miteinander zu vernetzen. „Das haben wir
       auch geschafft“, sagt Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamt für
       Naturschutz, das die Initiative mit 3,85 Millionen Euro förderte.
       Zahlreiche Wanderkorridore für die Wildkatze konnten gepflanzt und
       erweitert werden, so Jessel.
       
       ## Wieder heimisch fühlen
       
       Dass es tatsächlich wieder mehr Wildkatzen in Deutschland gibt, zeigen die
       Gen-Analysen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die im Rahmen
       des Projekts durchgeführt wurden. Über gesammelte Haarproben der Wildkatzen
       konnten wichtige Erkenntnisse über die Bestände in Deutschland gewonnen
       werden. Sie belegen: Die Wildkatzenpopulation nimmt tatsächlich wieder zu
       und erstreckt sich über immer größere Gebiete. Zudem geben die Ergebnisse
       Auskunft über die regionale Verbreitung und die genetische Vielfalt der
       Tiere. Sie werden in einer Datenbank online veröffentlicht, die
       WissenschaftlerInnen und interessierten BürgerInnen zugänglich ist.
       
       Die Initiative zählt mittlerweile zu den größten Naturschutzprojekten in
       Europa. Erfolgreich war sie in den Augen der Umweltschützer nicht nur
       deshalb, weil sich der Schutz der Wildkatze verbessert hat, sondern weil
       über 1.200 Freiwillige bei der Pflanzung neuer Waldwege und der Sammlung
       der Proben für die Gen-Analyse geholfen haben. Die BürgerInnen seien zu
       citizen scientists, also BürgerwissenschaftlerInnen, geworden, die ohne
       Fachwissen bei wissenschaftlichen Projekten mitmachen, sagt Weiger. „Wir
       hätten es nicht für möglich gehalten, dass Menschen, die noch nie etwas mit
       Naturschutz zu tun hatten, sich plötzlich aktiv engagieren“, so der
       Bundesvorsitzende des BUND.
       
       Damit sei die Initiative zum größten Mitmachprojekt im deutschen
       Naturschutz geworden, was nicht zuletzt damit zusammenhänge, dass die Katze
       – und damit auch die Wildkatze – eine Sympathieträgerin sei. Selbst
       JägerInnen und Landwirte hätten sich an dem Projekt beteiligt. Die
       Befürchtung, dass die Verbreitung der Wildkatze eine Gefahr für ihre Beute
       – Kleintiere im Wald und insbesondere auch Vögel – wäre, scheint keine
       große Rolle zu spielen. „Wildkatzen sind so selten, da sehen wir keine
       Probleme“, meint Kathrin Klinkusch, Pressesprecherin des Naturschutzbundes
       Nabu.
       
       Stattdessen, darin waren sich die Projektträger einig, habe das Programm
       ein Bewusstsein für die Erhaltung von biodiversen Landschaften geschaffen
       und gezeigt, dass es möglich sei, natürliche Lebensräume wiederherzustellen
       – damit sich deutsche UreinwohnerInnen aus der Tierwelt hierzulande wieder
       heimisch fühlen.
       
       1 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lucia Heisterkamp
       
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