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       # taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: O'bazd is
       
       > Der Obazda soll geschütztes Lebensmittel werden. Der Käsepamp darf dann
       > nur noch streng nach Rezept zubereitet werden. Ein Schmarrn!
       
   IMG Bild: Der Obazda darf kein Luxusprodukt werden
       
       Mein lieber Obazda, ich schreib dir, weils dich bald nicht mehr gibt. Man
       muss deinen Namen für die Menschen außerhalb Bayerns übersetzten:
       Angepatzter. Du bist der ungekrönte König der Resteküche. Schon meine Oma
       hat, wenn Camembert, Brie oder auch ein Bavaria Blue im Kühlschrank zu
       laufen begannen, den Käse genommen, mit gehackten Zwiebeln, Butter und
       Paprika gemischt.
       
       Schließlich lässt man nichts wegkommen. Manchmal kam auch Kümmel hinein,
       eine dicke Prise Zucker oder Hüttenkäse – was halt da war. Aus ein wenig
       stinkendem Käse wurde so eine Schüssel bester Aufstrich: rezent wie man in
       Bayern sagt, zugleich rauchig-süß (vom Paprikapulver) und schwefelig-scharf
       (rohe Zwiebel).
       
       Dich herzustellen ist ein Verfahren, eine Tradition. Man braucht keine
       Mengenangaben, keine Anleitung, nur eine Gabel, mit der man alles manscht,
       bis es eben schmeckt. Man könnte es eine Pippi-Langstrumpf-Rezeptur nennen.
       Ich batz mir die Welt, so wie sie mir gefällt. Und genau so, in der ganzen
       Vielfalt, die dabei entsteht, hast Du, mein lieber Obazda in den
       vergangenen Jahren auch die bayrischen Wirtshäuser und Biergärten
       zurückerobert. Wunderbar.
       
       Wenn da nicht die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft wäre.
       Die hält vom freien Batzen gar nichts. Sie hat eine [1][Schutzgemeinschaft]
       gegründet, als stündest Du auf der roten Liste aussterbender Gerichte, wie
       das saure Lüngerl oder der Presssack. Die tun das nämlich wirklich.
       
       Und was eine Schutzgemeinschaft ist, die setzt auch ein Reinheitsgebot
       durch, schon vor zwei Jahren ist das passiert. Liberalitas bavariae hin
       oder her: Obazda darf nur noch genannt werden, was aus bayrischen Zutaten
       nach einem genauen Rezept gefertigt ist. Und schlimmer, wer dich auf der
       Karte stehen hat, soll auch noch 300 Euro Schutzgebühr dafür zahlen.
       
       Das ist ja ein noch größerer Schmarrn als Du, mein Käse. Als Luxusprodukt
       wirst Du keine Zukunft haben. Die Wirte reagieren schon, sie streichen dich
       von der Karte oder benennen dich um. In Bierkas, Brezenkas oder Bräubazi.
       Vielleicht wirst Du bald auch Käsecreme nach Obazda-Art heißen, wenn Du
       nicht der Bürokratie schmeckst. Aber sowas, das kann ich dir sagen, essen
       höchstens Preußen.
       
       3 Aug 2017
       
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