# taz.de -- Kommentar Reform der Blutspenderegeln: Der Homo-Vorbehalt bleibt
> Die Ärztekammer lockert ihre Regeln zur Blutspende – diskriminierend
> bleiben sie dennoch. Schwuler Sex gilt weiterhin als bäh und igitt.
IMG Bild: Muss man den Homo-Hetero-Unterschied überhaupt machen?
Eigentlich ist es eine gute Nachricht. Die Bundesärztekammer ändert ihre
[1][Regeln zur Blutspende]. Bisher: voll homophob. Schwule und bisexuelle
Männer durften kein Blut spenden, galten qua sexueller Orientierung als
Risikogruppe. Einmal Sex mit einem anderen Mann reichte, und man war für
den Rest des Lebens raus. LGBT-Lobbygruppen und Aktivist_innen haben seit
Jahren gegen diese Regelung gekämpft. Dass sie nun endlich gekippt wird,
scheint wenige Wochen nach der „Ehe für alle“ wie ein weiterer Meilenstein
im Abbau der Diskriminierung von Homosexualität.
Oder etwa nicht? Tja. Komplett abgeschafft wurde die Regel nämlich nicht.
Nur gelockert, gekürzt von lebenslang auf ein Jahr: Blut spenden darf ein
Mann nur, wenn er in den letzten zwölf Monaten keinen sexuellen Kontakt mit
einem anderen Mann hatte. Der Homo-Vorbehalt gilt also weiterhin.
Dafür gibt es medizinische Gründe: Rein statistisch gesehen sind Männer,
die mit Männern Sex haben, häufiger mit HIV oder Hepatitis C infiziert als
andere Menschen. Doch das lässt außer Acht, dass die Infektion mit einer
sexuell übertragbaren Krankheit nicht von der eigenen sexuellen
Orientierung oder vom Geschlecht des Sexualpartners abhängt – sondern
davon, ob der Sex safe oder unsafe ist. Tatsächlich wird mit der Reform der
Blutspenderegeln nur eine große Diskriminierung durch eine etwas kleinere
ersetzt: Schwuler Sex gilt weiterhin als bäh und igitt. Hetero-Sex darf man
übrigens vor dem Blutspenden haben, nur nicht „mit häufig wechselnden
Partnern“.
Muss man den Homo-Hetero-Unterschied überhaupt machen? Nein. Bulgarien,
Italien, Lettland, Polen und Portugal zeigen, wie es geht. Sie fragen nicht
nach dem Geschlecht der Sexualpartner, sondern nach individuellem
Risikoverhalten. In Deutschland bleibt schwulen Männern beim Blutspenden
erst mal nur das, was viele schon seit Jahren praktizieren:
verantwortungsbewusst lügen.
6 Aug 2017
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DIR [1] http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/MuE/Richtlinie_Haemotherapie_2017.pdf
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DIR Malte Göbel
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