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       # taz.de -- Türkei bereitet Syrien-Einmarsch vor: Sturm auf das kurdische Afrin?
       
       > An der Grenze zu Syrien marschiert das türkische Militär auf. Nahe der
       > Stadt Kilis wurden Artilleriegeschütze und Panzerhaubitzen stationiert.
       
   IMG Bild: Die kurdische Stadt Afrin am Rand von Aleppo in Nordsyrien
       
       Berlin taz | Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei einer
       Veranstaltung in Malatya an diesem Wochenende über Syrien sprach, hob er
       zuvor ausführlich den Erfolg der Militäroperation hervor, die im letzten
       Sommer und Herbst stattfand und mit der Eroberung der Stadt al-Bab nördlich
       von Aleppo ihr vorläufiges Ende gefunden hatte. Allen Beobachtern in der
       Türkei war deshalb klar: Als Erdoğan am Wochenende von „wichtigen
       Entscheidungen“ sprach, ging es um eine neuerliche türkische Militäraktion
       in Syrien.
       
       In den vergangenen Tagen hat die Armee weiteres Kriegsmaterial an die
       Grenze gebracht. Nach offiziellen Meldungen wurden am 6. August etliche
       Artilleriegeschütze und Panzerhaubitzen bei der Stadt Kilis stationiert,
       die den Aufmarsch der letzten Wochen weiter komplettieren. Ging es bei der
       Operation „Schild Euphrat“ im August des letzten Jahres offiziell noch
       darum, den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) von der Grenze der Türkei
       zu vertreiben und wurde der Kampf gegen die syrisch-kurdische YPG Miliz nur
       als Nebenkriegsschauplatz ausgegeben, so soll es dieses Mal ganz offiziell
       gegen die syrischen Kurden gehen.
       
       Tatsächlich geht es der türkischen Regierung darum zu verhindern, dass in
       Syrien an der Grenze zur Türkei ein neues kurdisches Autonomiegebiet
       entsteht, das mit dem Kurdengebiet im Nordirak vergleichbar wäre. Während
       die Türkei im Nordirak mit der dortigen Barsani-Regierung paktiert,
       betrachtet Ankara die YPG und ihre politische Dachorganisation PYD als
       syrischen Ableger der PKK, mit der die Türkei seit mehr als 30 Jahren auf
       Kriegsfuß steht. Deshalb heißt es in Ankara, ein PKK-Staat an der
       türkischen Grenze werde niemals zugelassen.
       
       Erdoğans Problem ist, dass die YPG als Bodentruppe der US-Luftwaffe gegen
       den IS kämpft und aktuell gemeinsam mit amerikanischen Spezialkommandos
       dabei ist, die IS-Hochburg Rakka in Syrien in schweren Kämpfen zu erobern.
       Seit Langem versucht die Türkei das Bündnis der USA mit der YPG zu
       sprengen, bislang vergeblich.
       
       Mehr Erfolg hatte die türkische Außenpolitik gegenüber Russland. Auch die
       russische Armee hat lange mit der YPG kooperiert – die PYD hat sogar ein
       offizielles Büro in Moskau – doch Putin geht in letzter Zeit auf Distanz zu
       den Kurden. Ein Ausbildungslager der russischen Armee im Bezirk Afrin wurde
       aufgelöst, in Moskau hofft man offenbar, die Kluft zwischen den
       Nato-Partnern Türkei und USA zu vertiefen, wenn man Erdoğan grünes Licht
       für einen Einmarsch in Afrin gibt.
       
       Am Montag traf der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu in Manila am
       Rande der Asean-Konferenz seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow. Es sei
       um Syrien gegangen und man habe sich sehr gut verstanden, sagte Çavuşoğlu
       anschließend. Auch mit seinem iranischen Kollegen ist Çavuşoğlu wegen
       Syrien im Gespräch. Seit Monaten reden Russland, der Iran und die Türkei
       darüber hinaus bei den Friedensgesprächen in Astana über eine neue
       Nachkriegsordnung in Syrien. Es sieht so aus, als könnten die Kurden erneut
       zum Spielball der Großmächte werden.
       
       7 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
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