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       # taz.de -- Präsidentenwahl in Kenia: Ein angekündigter Sieg
       
       > Der Wahlsieg von Präsident Kenyatta scheint ausgemacht. Die kenianische
       > Menschenrechtskommission und die Opposition zweifeln ihn an.
       
   IMG Bild: Staatsmacht vs. Demonstrantin im Slum Kawangware, Nairobi
       
       Nairobi taz | Den ganzen Freitag wurde Kenia auf die Folter gespannt.
       Mehrere Termine zur Verkündung des Endergebnisses der Präsidentenwahl vom
       8. August kamen und gingen. Der Abgleich der veröffentlichten
       elektronischen Ergebnisse mit den Ergebnisprotokollen der 290 Wahlkreise
       verlief quälend langsam.
       
       Am späten Nachmittag, als die Wahlkommission nach eigenen Angaben nur noch
       zwei Wahlkreise durcharbeiten musste, verließ Oppositionsführer Raila
       Odinga ohne Statement das Konferenzzentrum Bomas of Kenya in Nairobi, wo
       sich Diplomaten aus aller Welt, Politiker aller Parteien und
       Wahlbeobachter, darunter mehrere afrikanische Expräsidenten, tummelten.
       
       Die Autokolonne von Präsident Uhuru Kenyatta war da bereits unterwegs – in
       die Zentrale seiner Jubilee-Partei. Der Präsident winkte siegesgewiss auf
       der Stadtautobahn in der Abenddämmerung aus dem Autodach. Seine Anhänger
       jubeln bei jeder Gelegenheit.
       
       Präsident Kenyattas Vorsprung in den von der Wahlkommission
       veröffentlichten Teilergebnissen hat sich beständig gehalten – zuletzt
       waren es 54,2 Prozent für Kenyatta gegenüber 44,9 Prozent für Odinga. Am
       Abend verzögerte sich das Ergebnis weiter.
       
       Die Opposition unter Raila Odinga hatte schon am Mittwoch behauptet, dass
       das Computersystem der Wahlkommission gehackt wurde und dass mit den
       Protokollen der Wahllokale geschummelt worden ist – eine erhebliche Anzahl
       davon sei gar nicht vorhanden.
       
       ## Krawalle in mehreren Vierteln
       
       Auch die kenianische Menschenrechtskommission (KHRC) hat Bedenken. „Es
       besteht kein Vertrauen in die Wahlkommission, dass sie genaue Ergebnisse
       produziert hat, wie es die Verfassung verlangt“, schreibt die Organisation
       in einer Erklärung und ruft zur Ruhe auf.
       
       Am Abend fanden Treffen zwischen der Wahlkommission und Vertretern der
       Parteien statt, um die Reaktionen auf das Wahlergebnis eindämmen zu können.
       Die Angst vor massiver Gewalt durch enttäuschte Oppositionsanhänger hatte
       die Spannungen in den letzten Tagen gesteigert, vor allem als das
       Oppositionsbündnis Nasa (Nationale Super-Allianz) Odinga aufgrund eigener
       Parallelauszählungen zum Sieger erklärte. Zu Krawallen kam es in mehreren
       Armenvierteln von Nairobi, auch in der westlichen Stadt Kisumu, Odingas
       Hochburg. Es gab mehrere Tote bei Auseinandersetzungen mit der Polizei.
       
       Die nächsten fünf Jahre unter Präsident Uhuru Kenyatta werden
       wahrscheinlich eine Fortsetzung seiner ersten Amtszeit: riesige
       Infrastrukturprojekte, finanziert durch Schulden vor allem bei China, dass
       die meisten Projekte realisiert; ein Wachstum von jährlich rund 6 Prozent
       im, von dem der Mehrheit der Bevölkerung nur wenig zugutekommt; und eine
       weiter wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.
       
       Die Frage ist, ob Kenyatta in seiner nächsten Amtszeit etwas tun wird gegen
       die ständig stärker um sich greifende Korruption. Darüber regen Kenianer
       sich immer mehr auf. Der kenianische Antikorruptionsexperte John Githongo
       sagt: „Es war noch nie so schlimm. Es ist wie Nigeria, aber ohne Öl.“
       
       Und nachdem diese Wahl die politische Polarisierung des Landes nicht
       verringert hat, stellt sich jetzt auch schon die Frage nach den nächsten
       Wahlen. Kenyatta und seine Jubilee-Partei konnten gewinnen, weil sie auf
       die Stimmen der größten Volksgruppe der Kikuyu zählen konnten, aus der
       Kenyatta stammt, sowie der Kalenjin, zu denen Vizepräsident William Ruto
       gehört. Als die beiden sich vor den Wahlen 2013 verbündeten, gab es eine
       Abmachung: Zweimal stimmen beide Gruppen für Kenyatta als Präsidenten –
       2022 ist dann Ruto an der Reihe.
       
       Aber der ambitionierte Ruto ist unter den Kikuyu wenig beliebt. „Wir wollen
       keinen Ruto“, bekam er im Wahlkampf zu hören, wenn er in Kikuyu-Gebieten
       auftrat. Kann die Wahlallianz Kenyatta-Ruto halten? Davon hängt ab jetzt
       die politische Zukunft Kenias ab.
       
       11 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ilona Eveleens
       
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