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       # taz.de -- Medienminister in Nordrhein-Westfalen: Doppelrolle in Düsseldorf
       
       > Stephan Holthoff-Pförtner, dem neuen NRW-Medienminister, gehören Teile
       > der Essener Funke-Gruppe. Kein Problem?
       
   IMG Bild: Medienminister in NRW und Anteilseigner der Funke Mediengruppe: Stephan Holthoff-Pförtner
       
       Er kennt sich aus im Medienbusiness: Der Essener Rechtsanwalt Stephan
       Holthoff-Pförtner (CDU), 68 Jahre. Bis vor Kurzem war er Präsident des
       Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger und hatte Ämter in Führungsgremien
       der Funke Mediengruppe inne. Von diesen Posten trat er zurück, als er am
       30. Juni als Landesminister vereidigt wurde: für Bundesangelegenheiten,
       Europa, internationale Beziehungen – und Medien.
       
       Aber: Nach wie vor ist Holthoff-Pförtner mit 17 Prozent Miteigentümer der
       Funke Mediengruppe – einem der wichtigsten Medienkonzerne des Landes.
       Allein in NRW gehören zwölf Radiosender und vier Tageszeitungen (wie die
       WAZ) zum Essener Unternehmen (Jahresumsatz 2015: 1,3 Mrd. Euro). Die
       Rheinische Post schreibt, die Anteile des Ministers seien 250 Millionen
       wert. Kann ein solcher Minister unabhängig politische Entscheidungen
       treffen?
       
       „Hier besteht ein Interessenkonflikt“, sagt Hans Herbert von Arnim. Der
       Verfassungsrechtler an der Universität Speyer beschäftigt sich seit
       Jahrzehnten mit derartigen Konflikten in öffentlichen Ämtern. „Die Politik
       dieses Medienministers kann Einfluss auf die wirtschaftliche Situation der
       Mediengruppe haben, an der er wesentlich beteiligt ist. Und das geht
       eigentlich nicht.“
       
       Die Landesregierung hingegen sieht keine Probleme. „Herr Minister
       Holthoff-Pförtner wird sein Handeln allein an Verfassung und Gesetz sowie
       am Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner Bürgerinnen und Bürger
       orientieren“, schreibt sein Ministerium auf Anfrage der taz. Der
       Doppelrolle ist man sich in Düsseldorf zwar offenbar bewusst, für solche
       Fälle sei aber „in den allgemeinen Regelungen für das Verwaltungsverfahren“
       eine Lösung festgelegt: „Minister Holthoff-Pförtner wird sich an
       Entscheidungen, die seine Verlagsgesellschaft unmittelbar betreffen, nicht
       beteiligen.“
       
       Wie das genau funktionieren soll, bleibt unklar. „Das halte ich nicht für
       realistisch“, sagt Stefan Huster, Professor für öffentliches Recht an der
       Ruhr-Universität Bochum. „Die Funke Mediengruppe ist eines der absolut
       führenden Medienunternehmen in NRW, da fällt einem doch kaum eine
       Entscheidung ein, die für ihn nicht relevant wäre.“
       
       ## Funke ist fast in jeder Sparte vertreten
       
       So heißt es im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP: „Mittelfristig
       wollen wir einen weitgehend werbefreien WDR.“ Öffentlich-rechtliche
       Hörfunkwellen ohne Werbeeinnahmen – daraus ergibt sich ein
       Wettbewerbsvorteil für die mit dem WDR um Hörerzahlen konkurrierenden
       Lokalradios, die sich fast ausschließlich aus Werbegeldern finanzieren. Und
       sehr viele davon gehören zur Funke-Gruppe.
       
       Genau wie Zeitschriften, Anzeigenblätter, ein Buchverlag und zahlreiche
       digitale Angebote – Funke ist in fast jeder Sparte vertreten. Und so sind
       Angebote des Konzerns auch von anderen im Koalitionsvertrag formulierten
       Vorhaben wie der Überarbeitung des Landesmediengesetzes betroffen – und die
       müssen in dem Ministerium umgesetzt werden, dessen Chef Holthoff-Pförtner
       ist.
       
       Jurist Huster mahnt zudem: „Wenn man sieht, dass die Funke Mediengruppe die
       Berichterstattung über Politik in Nordrhein-Westfalen maßgeblich prägt,
       denken Sie nur an die WAZ, dann ist auch die Frage, wie unbefangen
       Journalistinnen und Journalisten überhaupt noch über die Landespolitik
       berichten können, wenn sie im Grunde genommen über einen ihrer großen
       Anteilseigner schreiben.“
       
       In Nordrhein-Westfalen existiert eine sogenannte Ministerehrenkommission.
       Ministerpräsident Armin Laschet und die neuen Kabinettsmitglieder haben
       sich verpflichtet, dieser ihre Vermögensverhältnisse und externen
       Tätigkeiten offenzulegen. „Im Interesse größtmöglicher Transparenz“ prüfe
       diese Kommission, ob Interessenkonflikte vorliegen. Diese Prüfung sei noch
       nicht abgeschlossen, heißt es aus der Staatskanzlei.
       
       13 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benjamin Weber
       
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