# taz.de -- Kommentar E-Auto im Wahlkampf: Selbstmord aus Angst vorm Tod
> Plötzlich sind alle für das Elektroauto, obwohl es Arbeitsplätze kosten
> wird. Der SPD droht der Verlust ihrer letzten Hochburgen.
IMG Bild: Im Wolfsburger VW-Kundencenter: Stapeln sich hier bald die E-Autos?
Was könnten Sie tun, wenn Sie bei CDU oder Grünen wären und die
Mehrheitsfähigkeit der SPD weiter beschädigen wollten? Sie sollten den
schnelleren Umstieg auf das E-Auto fordern. Wo die deutsche
Automobilindustrie und damit die IG Metall stark ist, liegen einige der
letzten Hochburgen der SPD. Das E-Auto wird aber vor allem bei Zulieferern
Arbeitsplätze kosten. Ob sie etwa durch vermehrten Export ausgeglichen
werden können, ist offen. Und damit auch, ob die Automobilarbeiter den
Ärger über ihren Jobverlust an der SPD auslassen werden.
Martin Schulz’ Vorstoß für eine europäische E-Auto-Quote mutete in der
vergangenen Woche daher wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod an. Wenn das
E-Auto schon kommt, soll Deutschland die Nase vorn haben und nicht China,
ist der rationale Kern hinter Schulz’ Idee. Besser, einige hunderttausend
Arbeitsplätze werden gesichert als keine. Dennoch überrascht die
Entschiedenheit, mit der Schulz behauptet, er habe einen Plan für die
Zukunft der deutschen Autoindustrie und Kanzlerin Merkel, die seine
E-Auto-Quote ablehnt, nicht.
Deutschland hat gerade erst eine eher planlose Energiewende hinter sich:
Die Windkraftwerke stehen nicht dort, wo der Strom gebraucht wird, die
Speicherkapazitäten sind unzureichend, die versprochenen Jobs großteils in
China. Gerade aus SPD-Sicht spräche viel dafür, bei der Verkehrswende auf
mehr Planung zu setzen.
Kann Deutschland große Zukunftsfragen anders als im Zustand der Hysterie
entscheiden? Die Energiewende wurde nach Fukushima panisch beschleunigt.
Die Krise in den syrischen Flüchtlingslagern nahm die Bundesregierung erst
nicht zur Kenntnis, dann durften alle kommen, dann wieder niemand. Die
Dieselkrise schwelte lange vor sich hin, ehe jetzt der schnelle Umstieg
aufs E-Auto gefordert wird. Vielleicht haben die Deutschen so viel Angst
vor Veränderungen, weil die großen Umbrüche des Landes so planlos
vonstattengehen.
16 Aug 2017
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DIR Martin Reeh
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