URI: 
       # taz.de -- Mikrochip unter der Haut: Sesam, öffne dich!
       
       > Eine US-Firma will ihren Angestellten einen Mikrochip unter die Haut
       > implantieren. So lassen sich viele Daten sammeln. Doch das ist nur der
       > Anfang.
       
   IMG Bild: Mit einem Chip fängt es an
       
       Einmal Winken, und die Tür öffnet sich, der Kaffee fließt, und der Computer
       fährt hoch. Alles dank einem Chip, der zwischen Daumen und Zeigefinger
       unter der Haut sitzt. Das klingt bequem – und nach einer Unmenge
       personenbezogener Daten, über die sich einige Unternehmen freuen dürften.
       
       Eines davon ist Three Square Market (32M) aus den USA. Die IT-Firma hat
       erklärt, ihre Mitarbeiter_innen demnächst „verchippen“ zu wollen. Wer sich
       freiwillig meldet, bekommt einen RFID-Chip injiziert und kann fortan damit
       in der Kaffeeküche bezahlen oder die Schranke am Eingang des Bürogebäudes
       passieren.
       
       „RFID“ steht für „Radio-Frequency Identification“. Mithilfe
       elektromagentischer Felder können Scanner elektronisch gespeicherte
       Informationen von Chips in ihrer näheren Umgebung auslesen – dieselbe
       Technologie wird in Europa etwa in Kreditkarten zum kontaktlosen Bezahlen
       oder als elektronische Sicherung in Kleidungsgeschäften verwendet. Auch auf
       Festivals wurden schon Chips in Armbändchen zum bargeldlosen Bezahlen
       getestet. Mit Implantaten wiederum wird in der Techszene sowieso längst
       experimentiert.
       
       Nun sind zahlreiche Unternehmen sehr an der Verbreitung dieser Chips
       interessiert. Nicht nur kann man damit wunderbar auslesen, wer zum Beispiel
       wie lange vor welchem Regal steht und am Ende was kauft – im Idealfall (für
       die Unternehmen) kann man auch auf Daten zugreifen, die von anderswo her
       gespeichert sind: Was hat die Kundin im Geschäft nebenan gekauft? Wo
       arbeitet sie, wann verlässt sie morgens das Haus, welches Auto fährt sie?
       
       ## Mit Implantat in der Eckkneipe
       
       „Letztendlich wird diese Technologie standardisiert werden und es dir
       erlauben, sie als deinen Reisepass, dein Ticket für den öffentlichen
       Nahverkehr und alle Einkaufsmöglichkeiten zu nutzen“, erklärte Todd Westby,
       Chef von 32M. Medizinische und Gesundheitsinformationen könne man dann
       ebenso gut auf dem Implantat speichern wie Log-in-Daten für den Bürorechner
       oder den Kopierer.
       
       Dann weiß also bald die Krankenkasse, wie viele Überstunden ich mache und
       wie oft ich Fast Food esse? Mein Arbeitgeber weiß, wann ich bis weit nach
       Mitternacht in der Eckkneipe versackt bin? Und der Supermarkt, wie viel ich
       verdiene – und welchen Preis ich entsprechend für ein bestimmtes Produkt
       zahlen kann?
       
       Nicht dass wir nicht sowieso schon auf dem besten Weg dorthin wären. So gut
       wie jeder Laden bietet Prämienkarten an, erste Krankenkassen belohnen den
       Einsatz von Fitness-Apps, und Facebook sammelt fleißig Daten über unsere
       Lebensumstände, um sie an Werbekunden zu veräußern.
       
       Und weil das alles so verdammt bequem ist, machen wir das Spiel gerne mit.
       Datenschutz ist nach wie vor kein Thema, das in Deutschland die
       Verbraucher_innen vom Hocker haut.
       
       Und dann ist es am Ende vielleicht auch egal, ob die Karte mit dem
       RFID-Chip tagein, tagaus in unserem Geldbeutel steckt oder unter unserer
       Haut.
       
       25 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Datenschutz
   DIR Krankenkassen
   DIR Mikrochips
   DIR Internet der Dinge
   DIR re:publica
   DIR Tesco
   DIR Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Datenschutzaktivistin über IFA: „Der Feind der Freiheit“
       
       Das „vernetzte Zuhause“ ist Schwerpunkt der IFA 2014. Rena Tangens über
       kommunizierende Kleidung, brennende Herde und Datensammler.
       
   DIR re:publica 2014, der 2. Tag: Der Magnet im Ringfinger
       
       Welche Fragen das Cyborg-Zeitalter mit sich bringt, wo es den besten Kaffee
       gibt und warum wir das Internet ausdrucken müssen.
       
   DIR Privatsphäre in Großbritannien: Einkauf nur mit Burka
       
       Tescos Scanningpläne von Kundengesichtern schockieren. Doch das ist eine
       Idee aus der Steinzeit: Andere Unternehmen gehen noch viel weiter.
       
   DIR Vermessung des Menschen: Biometrische Systeme im Einsatz
       
       Technik aus Science-Fiction-Filmen kommt heute schon zum Einsatz, im Zoo,
       im Kriegsgebiet und im Reisepass. Ein Überblick.