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       # taz.de -- Kampf gegen Gentrifizierung in Berlin: Senat will aufmüpfige Bezirke
       
       > Die Bausenatorin und der Finanzsenator wollen, das andere Bezirke dem
       > Beispiel von Friedrichshain-Kreuzberg beim Vorkaufsrecht folgen.
       
   IMG Bild: Wie kann die Berliner Mischung erhalten werden?
       
       Wir kaufen die Stadt zurück: Bereits sechs Mal konnte Kreuzbergs
       Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) den Erfolg vermelden, einen
       spekulativen Hausverkauf verhindert zu haben. Nun soll das kommunale
       Vorkaufsrecht auch in anderen Bezirken zum Zuge kommen. Das kündigten
       Katrin Lompscher und Matthias Kollatz-Ahnen an. Die linke Bausenatorin und
       der SPD-Finanzsenator stellten am Mittwoch das „Konzept zur Ausübung von
       Vorkaufsrechten“ vor, das der Senat am Dienstag beschlossen hatte.
       
       Beim Vorkaufsrecht kann der Bezirk einen bereits geschlossenen Kaufvertrag
       für Mietshäuser für ungültig erklären und das Kaufrecht selbst zugunsten
       eines Dritten, zum Beispiel einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft,
       ausüben. Neben den sechs Fällen in Friedrichshain-Kreuzberg wurde damit je
       einmal in Neukölln und Tempelhof-Schöneberg ein spekulativer Verkauf
       verhindert.
       
       Möglich macht das das Baugesetz, das in sogenannten Milieuschutzgebieten
       die Zusammensetzung der Bevölkerung als schützenswertes Gut betrachtet. 39
       dieser Milieuschutzgebiete (siehe Karte) gibt es in Berlin. Bausenatorin
       Lompscher ist überzeugt, „dass schnell auch andere Bezirke vom
       Vorkaufsrecht Gebrauch machen werden“.
       
       Dazu aber musste man „ein Konzept finden, das standardisierbar ist“,
       formulierte es Finanzsenator Kollatz-Ahnen. So dürfen die Bezirke künftig
       nur aktiv werden, wenn das zu verkaufende Haus mindestens acht Wohnungen
       habe und noch nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt sei.
       
       Außerdem dürften die Mieten nicht mehr als zehn Prozent über dem
       Quartiersdurchschnitt liegen. „Ein Kauf durch eine Wohnungsbaugesellschaft
       muss auch finanziell tragfähig sein“, so Kollatz-Ahnen. „Wir können und
       wollen als Land keine beliebigen Preise zahlen.“
       
       Nicht selten aber bewege sich der Kaufpreis nur wenig über dem, was für
       eine Wohnungsbaugesellschaft zu stemmen ist. Für diesen Fall springt das
       Land ein. „Wir haben im Sondervermögen für die wachsende Stadt 100
       Millionen Euro bereitgestellt“, betonte der Finanzsenator. „Wenn der Bezirk
       etwa Belegungsrechte für eine soziale Einrichtung bekommt, kann ein
       erhöhter Kaufpreis gerechtfertigt sein.“
       
       Der Berliner Mieterverein begrüßte am Mittwoch das neue Konzept. „Doch
       sollten Zukäufe über das Vorkaufsrecht nicht um jeden Preis erfolgen“,
       warnt die stellvertretende Geschäftsführerin Wibke Werner, „andernfalls
       würden auch die städtischen Unternehmen die Preisspirale auf dem
       Immobilienmarkt antreiben.“ Zwar kann der Kaufpreis auch gemindert werden –
       etwa für den Fall, dass er deutlich über dem Verkehrswert liegt. Doch der
       bislang einzige Fall dieser Art an der Ecke Großgörschen-/Katzlerstraße in
       Schönefeld wird bis heute vor Gericht verhandelt.
       
       Ob nun alle Bezirke dem Aufruf folgen, ist fraglich. In Steglitz-Zehlendorf
       wurde bisher kein einziges Milieuschutzgebiet ausgewiesen, obwohl auch dort
       die Mieten stiegen, so Kollatz-Ahnen. Der Finanzsenator hat dort seinen
       Wahlkreis. Regiert wird der Bezirk von der CDU und den Grünen.
       
       16 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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