URI: 
       # taz.de -- Oppositionelle Proteste in Togo: Die Nase voll von der Familiendiktatur
       
       > Bei Demonstrationen sterben mindestens zwei Menschen, 13 werden verletzt.
       > Die Proteste gegen Gnassingbé vereinigen seine Gegner nur teilweise.
       
   IMG Bild: Treibt Teile der Opposition auf die Straße: Staatschef Faure Gnassingabé
       
       Cotonou taz | Auf den Fotos sind Menschen zu sehen, die in ihrem Blut
       liegen. Andere zeigen den Einsatz von Tränengas und Demonstranten, die
       davor wegrennen. Im westafrikanischen Togo sind am Wochenende einmal mehr
       Demonstrationen gegen die Herrscherfamilie Gnassingbé eskaliert. Bei
       Protesten in fünf Städten kamen offiziell zwei Menschen ums Leben, 13
       weitere wurden verletzt.
       
       Die Opposition, die die Kundgebungen organisiert hatte, spricht jedoch von
       sieben Toten. Dutzende Menschen wurden festgenommen. Damit zeigen die
       Sicherheitskräfte wenige Monate vor den Kommunalwahlen Ende des Jahres, zu
       welchen Maßnahmen sie bereit sind.
       
       Zu den Protesten aufgerufen hatte die Nationale Panafrikanische Partei
       (PNP) unter Tikpi Atchadam, die noch vor einem Jahr unbekannt war. Schon in
       den vergangenen Monaten hatte sie mehrfach Proteste organisiert, um zu
       zeigen: Die Opposition hat die Nase voll vom politischen System.
       
       Lokalen Medienberichten zufolge hatten die Demonstranten am Samstag „50
       Jahre sind zu lang“ gerufen und dazu aufgefordert, die Verfassung von 1992
       wieder einzuführen. Neben der Einführung des Mehrparteiensystems sollte sie
       die Teilnahme an „friedlichen Protesten“ sowie am politischen Leben
       sicherstellen.
       
       ## Bis zu 500 Tote
       
       25 Jahre später ist davon nichts mehr zu spüren. Togo wird seit 2005 von
       Faure Gnassingbé regiert, der vor zwei Jahren zum dritten Mal zum
       Präsidenten gewählt wurde und aktuell Vorsitzender der Westafrikanischen
       Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas ist.
       
       Schon bei seiner ersten Wahl vor zwölf Jahren waren bei Protesten zwischen
       400 und 500 Menschen ums Leben gekommen, was sich in den Jahren danach
       fortsetzte. Im August 2012 wurden Hunderte Demonstranten festgenommen.
       Viele waren von Sicherheitskräften geschlagen worden und hatten nach der
       Freilassung blutige Striemen auf dem Rücken.
       
       Vor Faure hatte dessen Vater Gnassingbé Eyadéma ab April 1967 das Land mit
       kurzer Unterbrechung bis 2005 regiert. Eyadéma, ein Freund des früheren
       bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß und Träger des
       Bayerischen Verdienstordens, hatte sich vor mehr als 50 Jahren an die
       Staatsspitze geputscht. Nach dessen Tod war dem Sohn die Machtübernahme
       gelungen.
       
       Das möchte die Opposition in dem Land mit gut 7,7 Millionen Einwohnern
       beenden und neben der Versammlungsfreiheit vor allem eine Begrenzung der
       Amtszeit des Präsidenten durchsetzen. Frühere Versuche waren gescheitert.
       Mithilfe von Protesten konnten zwar immer wieder kurzfristig Tausende
       Menschen mobilisiert werden. Doch nach spätestens ein paar Wochen ebbten
       die Versuche wieder ab.
       
       ## Kein gemeinsamer Aufruf
       
       Auch die aktuellen Demonstrationen vereinen die Regierungsgegner nur
       teilweise. Zwar sagte Jean-Pierre Fabre, Oppositionsführer und Chef der
       nationalen Allianz für den Wandel (ANC), zu, den Protest zu unterstützen.
       In einem Schreiben heißt es außerdem, man wolle bei
       „Menschenrechtsverletzungen nicht untätig bleiben“. Doch es war kein
       gemeinsamer Aufruf der Opposition. Das galt schon bei der vergangenen
       Präsidentschaftswahl als Manko, da neben Fabre drei weitere Kandidaten
       gegen Gnassingbé angetreten waren.
       
       Tikpi Atchadam wird in lokalen Medien nun dafür gelobt, dass es ihm
       gelingt, ganze Stadien zu füllen. Vor einigen Monaten sagte er, dass aus
       der Nationalversammlung „nichts Ernstzunehmendes“ kommen werde. In einem
       anderen Interview betonte er zudem, niemand wolle länger als zehn Jahre von
       ein und derselben Person regiert werden.
       
       20 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
       ## TAGS
       
   DIR Faure Gnassingbé
   DIR Togo
   DIR ecowas
   DIR Togo
   DIR Togo
   DIR Afrikanische Union
   DIR Wahlen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Massenproteste in Togo: Afrikas Jugend begehrt auf
       
       Die Jugend demonstriert in der Hauptstadt Lome, sie will dort wie
       andernorts autokratischen Machthabern beim Ausbau ihrer Macht Schranken
       setzen.
       
   DIR Massenproteste bewegen Togo: Der Präsident soll weg
       
       Tagelang demonstrierten vergangene Woche Hunderttausende gegen Präsident
       Faure Gnassingbé. Das Regime ist in der Defensive.
       
   DIR Wahl in Togo: Die Familie bleibt an der Macht
       
       Aus der Präsidentschaftswahl geht der Amtshinhaber erneut siegreich hervor.
       Die Opposition spricht dagegen von Wahlfälschungen.
       
   DIR Wahlen in Togo: Opposition fürchtet Manipulationen
       
       Bei den Parlamentswahlen drängen Regimegegner an die Urnen, aber sie
       fürchten Gewalt und Manipulation. Seit 50 Jahren ist dieselbe Familie an
       der Macht.