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       # taz.de -- Kommentar Gütesiegel für Bordelle: Die Fiktion vom kritischen Freier
       
       > Wie bei Sterne-Hotels soll man zukünftig an der Anzahl der Krönchen
       > ablesen können, welche Standards ein Bordell einhält. Die Idee hat
       > Tücken.
       
   IMG Bild: Bald mit Gütesiegel? Eine Prostituierte in einem Bordell in Frankfurt am Main
       
       Tempel der Lust“, steht auf dem [1][Gütesiegel für Bordelle, das am
       Donnerstag aus der Taufe gehoben wurde]. Wie bei Sterne-Hotels soll man
       zukünftig an der Anzahl der Krönchen ablesen können, welche Standards ein
       Bordell einhält.
       
       Die Idee ist gut. Es kann nur von Nutzen sein, wenn die Bordelle sich aus
       der Grauzone herausbewegen, in der sie sich trotz der Regulierungen durch
       das neue Prostitutionsschutzgesetz befinden. Der Staat mit seinen eher
       mangelhaften Kontrollmöglichkeiten ist schnell hintergangen, eine weitere
       Prüfinstanz deshalb durchaus sinnvoll. Bleiben einige offene Fragen.
       
       Zum einen: Zunächst kontrolliert sich hier ein Verband selbst. Auch wenn
       der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen ein Interesse daran hat, dass
       unter seinem Siegel alles mit rechten Dingen zugeht, bleibt die
       Befürchtung, dass Gefälligkeiten unter Gleichen eine große Versuchung
       darstellen. Allerdings möchte der Verband in Zukunft ein externes
       Prüfinstitut aufbauen. Und vielleicht sollte man die Vorurteile, „im
       Milieu“ seien eh alle halbkriminell, mal für eine Versuchsphase
       beiseitestellen.
       
       Zum anderen aber, was ein solches Siegel erst sinnvoll macht: eine
       kritische Konsument*innen-Öffentlichkeit. Der Freier an sich bleibt anonym.
       Man kann ihn nicht unter Druck setzen, in ein gutes Bordell zu gehen statt
       in ein schlechtes. Wer in die einschlägigen Foren guckt, stellt fest, dass
       die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiterinnen hier keine Rolle spielen. Wer
       nicht performt, wird schlecht bewertet. Ob die Performance mit den
       Arbeitsumständen der Prostituierten zu tun hat, interessiert nicht. Und
       wenn sich niemand für so ein Siegel interessiert, dann ist es wirkungslos.
       
       Und zum Schluss wird man natürlich die Öffentlichkeit, die Prostitution an
       sich schon für einen Verstoß gegen die Menschenwürde hält, mit einem Siegel
       natürlich auch nicht erreichen. Der Imagegewinn dürfte sich also in Grenzen
       halten. Aber: einen Versuch ist es wert.
       
       25 Aug 2017
       
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