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       # taz.de -- Tote UN-Mitarbeiter im Kongo: Schuldfrage verschoben
       
       > Die Vereinten Nationen haben die Ermordung zweier UN-Experten im Kongo
       > untersucht. Doch im Bericht dazu bleibt vieles ungeklärt.
       
   IMG Bild: Eingangstor zum Hauptquartier der UN-Fiedensmission MONUSCO in Kinshasa, Kongo
       
       Kampalataz |„Heute waren wir Gäste im UN-Sicherheitsrat“, schrieb John
       Sharp, Vater des im Kongo ermordeten UN-Ermittlers Michael Sharp auf
       Facebook. Fotos zeigen ihn, seine Frau sowie Angehörige der ebenfalls im
       Kongo ermordeten Schwedin Zaida Catalán im Gespräch mit UN-Generalsekretär
       Antonio Guterres. Im anschließenden UN-Sicherheitsratstreffen sprachen
       viele Vertreter den Familien ihr Beileid aus, auch Kongos Vizepremier.
       
       Die Aufklärung der Morde an den beiden Mitarbeitern der UN-Expertengruppe
       zur Untersuchung illegaler Waffenströme im Kongo ist nicht einfach. Die
       beiden wurden im März bei Recherchen in der Provinz Kasai-Central, wo seit
       einem Jahr ein brutaler Krieg tobt, verschleppt und ermordet. Im April
       richtete der UN-Sicherheitsrat eine Untersuchungskommission ein, die mit
       Hilfe des FBI, schwedischer Kriminalisten und der UN-Mission im Kongo
       (Monusco) nach den Hintergründen der Tat und den Tätern suchen sollte.
       
       Nun hat diese Kommission in New York ihren ersten Bericht vorgelegt. Ganz
       am Anfang steht ausdrücklich: „Ziel der Kommission ist, Lücken und Defizite
       im Sicherheitsmanagement aufzudecken“ – und eben nicht, zu ermitteln.
       Kongos Regierung hatte keine unabhängigen Untersuchungen erlaubt.
       
       Aber auch so gab es reichlich aufzuklären. Es hatte Vorwürfe gegen die UNO
       gegeben, nicht genügend für die Sicherheit ihrer eigenen Mitarbeiter getan
       zu haben. Sie waren auf Motorrädern ohne Begleitschutz in einer
       Bürgerkriegsregion unterwegs, als sie spurlos verschwanden. Ihre Leichen
       wurden erst zwei Wochen später gefunden, eine davon enthauptet.
       
       ## Ein brutales Video zeigt die Ermordungen
       
       Im Bericht heißt es nun klipp und klar: „Bevor sie ihr Ziel erreicht
       hatten, wurden die beiden Experten und ihr Begleiter von Personen gestoppt,
       die den Anschein machten, einer lokalen Miliz anzugehören. Diese Miliz
       tötete Sharp und Catalán unweit des Dorfes Moya Musuila, ein Ort ungefähr
       10 bis 15 Kilometer von der Stadt Bunkonde entfernt.“ Als Todestag wurde
       der 12. März angegeben, an dem die beiden UN-Ermittler Vertreter einer
       aufständischen Miliz unweit von Bunkonde treffen wollten.
       
       Den Tatort leitet die UN-Untersuchung von einem Video ab, welches ein
       angebliches Mitglied der Miliz mit seinem Handy gefilmt und den
       kongolesischen Behörden zugespielt haben soll. Es zeigt, wie Michael Sharp
       von einer Kugel getroffen und Zaida Catalán bei ihrem Fluchtversuch
       festgehalten und enthauptet wird. Kongos Informationsminister Lambert Mende
       hatte das 7-minütige, brutale Video der Presse vorgeführt, um Gerüchten zu
       begegnen, Kongos Regierung selbst stecke hinter den Morden.
       
       ## Keine Beweise, dass der Mordauftrag aus Kinshasa kam
       
       Kurz nachdem die beiden Leichen gefunden worden waren, hatte es zahlreiche
       Spekulationen gegeben – auch innerhalb der UNO. Als Drahtzieher der Morde
       wurden auch Vertreter von Kongos Regierung vermutet, denn die UN-Experten
       hatten Massengräber besuchen wollen, in denen von der Regierungsarmee
       getötete Milizionäre und Zivilisten lagen.
       
       Eindeutige Beweise, dass der Mordauftrag aus Kinshasa gekommen sei, habe
       die Kommission aber nicht finden können, so der Bericht. Er merkt aber an,
       „dass die Abwesenheit von Beweisen über eine Intention und Motive nicht die
       Möglichkeit ausschließt, dass weitere Individuen involviert waren“.
       
       Kongos Militärpolizei hatte nach eigenen Ermittlungen zwei Männer, die auf
       dem Video zu sehen waren, vor Gericht gestellt. Zehn Männer, die nicht auf
       dem Video sichtbar sind, wurden ebenfalls festgenommen.
       
       24 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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