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       # taz.de -- Handball-WM der Frauen: In Richtung Weltspitze
       
       > Im Dezember richtet Deutschland die Frauen-Weltmeisterschaft im Handball
       > aus. Die Entwicklung des deutschen Teams ist konstant gut.
       
   IMG Bild: Runde Sache: der offizielle Spielball der Frauen-Handball-WM
       
       Dortmund taz | Die Heim-Weltmeisterschaft soll den Mädchen- und
       Frauen-Handball in Deutschland weiterentwickeln. Doch das Turnier, das am
       1. Dezember mit dem Eröffnungsmatch der deutschen Frauen gegen Kamerun in
       Leipzig startet, wird noch viel mehr – nämlich ein Probelauf für die
       Herren-WM 13 Monate später. Dafür nimmt der Deutsche Handballbund (DHB)
       sogar einen finanziellen Verlust in Kauf.
       
       Wenn die Marketing-Experten des DHB Recht behalten, wird die Frauen-WM im
       Dezember „simply wunderbar“. So lautet der offizielle Slogan für das
       Turnier der Weltbesten. Sportlich könnte die Weltmeisterschaft für die
       Deutschen wundervoll werden, denn seitdem Michael Biegler als Trainer des
       Teams fungiert, das sich selbst den Namen „Ladies“ gegeben hat, ist eine
       stringente Entwicklung zu erkennen.
       
       Bei der EM im vergangenen Dezember belegte die DHB-Auswahl den sechsten
       Platz, nachdem die deutschen Frauen in den Jahren zuvor den Anschluss an
       die Weltspitze verloren hatten. Inzwischen ist der Wunsch kein verwegener
       mehr, dass Bieglers Frauen am Finalwochenende in Hamburg noch im Turnier
       sind. Eine Halbfinalteilnahme der „Ladies“ könnte eine Euphoriewelle für
       den Frauen-Handball auslösen, die zumindest in Teilen bis in die Vereine
       hinüberschwappt.
       
       Der Bundestrainer der Frauen, der nach der WM seine projektbezogene Arbeit
       beim DHB beendet und Trainer des Männer-Bundesligisten in Leipzig wird, mag
       das Abrechnen in Platzierungen nicht, wenngleich er weiß, dass eine WM
       „natürlich ergebnisorientiert“ bewertet werden wird. Für ihn ist dennoch
       wichtig, „aufgabenorientiert“ zu arbeiten. Schließlich bedeutet die WM
       nicht das Ende der Entwicklung des Frauen-Handballs, sondern soll die nur
       zusätzlich befeuern.
       
       ## Turnier soll Handball-Boom auslösen
       
       Für den Verband ist die Weltmeisterschaft im eigenen Land aber noch aus
       einem anderen Grund elementar wichtig: sie dient als Testlauf für die
       Männer-WM, die im Januar 2019 in Deutschland einen Handball-Boom auslösen
       soll. „Natürlich lernen wir bei der Durchführung der Frauen-WM viele Dinge,
       die uns dann im Januar 2019 nützlich sein sollen“, gibt Mark Schober zu.
       Der Generalsekretär des DHB versucht gar nicht, den „Mehrwert“ zu
       verschleiern, schließlich ist er offenkundig – und gewollt. Viele Parameter
       bei der Organisation einer solchen Veranstaltung sind deckungsgleich.
       Ticketing, Administration, Infrastruktur – diese Bereiche können
       schablonenhaft von der Frauen- auf die Herren-WM übertragen werden.
       
       Weil das Turnier der „Ladies“ in fast allen Bereichen eine Nummer kleiner
       ist, können unerwartet auftretende Fehler oder Versäumnisse schneller und
       einfacher behoben werden. Es dient aus diesem Grund als ideale
       Generalprobe. „Wir können große Vorteile hinsichtlich der Ressourcen und
       von Know-How gewinnen“, sagt Schober.
       
       Weil der Erkenntnisgewinn im Dezember gewollt und monetär kaum zu beziffern
       ist, wirkt der eingeplante Verlust von etwa einer halben Million Euro wie
       eine gut angelegte Investition. Etwas mehr als 200.000 Tickets muss der DHB
       verkaufen, um im geplanten Budgetrahmen zu bleiben. Knapp 100.000 Karten
       sind bereits abgesetzt, das ausgegebene Ziel, eine Hallenauslastung von
       etwa 60 Prozent zu erreichen, ist realistisch. „Eine Veranstaltung wie eine
       Weltmeisterschaft stellt immer ein gewisses Risiko dar“, sagt Schober:
       „Aber ich finde, ein Verband muss gewisse Risiken eingehen, um sich zu
       entwickeln.“ Zudem wird die Vorarbeit für die Männer-WM 2019 geleistet, die
       für den DHB mit einem ordentlichen Gewinn enden soll.
       
       Die WM in anderthalb Jahren soll nicht das Ende der Großveranstaltungen für
       den DHB darstellen. Der Verband wird sich gemeinsam mit Dänemark und der
       Schweiz für die Austragung der Männer-EM 2022 bewerben und im Falle eines
       Scheiterns eine Bewerbung für die EM 2024, dann im Alleingang, in Angriff
       nehmen. Diese Turniere sollten nicht nur sportlich, sondern würden vor
       allem wirtschaftlich zum Erfolg werden – die Frauen-WM im Dezember soll
       dafür die Grundlage bilden.
       
       25 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Wilkening
       
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