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       # taz.de -- Ausbleibende Lebensmittelwarnungen: Na dann guten Appetit!
       
       > Verbraucher erfahren häufig zu spät oder gar nicht, dass Nahrungsmittel
       > belastet sind. Meist geht es um Salmonellen und Listerien.
       
   IMG Bild: Es ist wieder Pilzzeit
       
       Berlin taz | Die Warnung vor listerienbelasteten Pilzen musste bis zum
       neuen Jahr warten. Auch die Information über Gift im Säuglingstee
       verzögerte sich tagelang. Der Grund: Einen Tag vor Silvester wurden keine
       Informationen auf dem Web-Portal [1][lebensmittelwarnung.de] mehr
       eingestellt. Im zweiten Fall wurde die Landesbehörde zu spät über den
       Rückruf informiert. Der Hinweis musste erst aus den kommunalen Stellen bei
       dem zuständigen Sachbearbeiter ankommen.
       
       2011 hatten Bund und Länder die Internetseite lebensmittelwarnung.de
       gestartet. Mit dem Anspruch, Verbraucher schnell und zuverlässig zu
       informieren, wenn in Nahrungsmitteln Metallspäne, Glasscherben oder
       Holzstücke auftauchen. Oder Pestizid-Rückstände als verbotene Zutat
       gemessen wurden. Martin Rücker von der Verbraucherorganisation Foodwatch
       hält das Portal schlichtweg für gescheitert.
       
       Laut Recherchen der Organisation erscheint nahezu jede zweite Warnung zu
       spät auf der Seite. Hinzu kommt: Kaum einer kennt die Webseite. Kampagnen,
       um das Portal bekannter zu machen, gibt es nicht. Zudem ist die Seite nicht
       gerade verbraucherfreundlich. „Sie sieht aus wie eine in den 90er Jahren
       eher versehentlich ins Netz gestellte Excel-Tabelle“, sagt Rücker. Er
       fordert nicht nur ein schnelleres Eingreifen der Behörden, sondern auch
       eine Verbreitung der Information auf allen Kanälen, inklusive Twitter und
       Facebook.
       
       Kritik üben die Verbraucherschützer aber nicht nur an der staatlichen
       Webseite und dem gemächlichen Tempo der Behörden. Im Durchschnitt werden
       rund 100 Lebensmittel im Jahr zurückgerufen. An erster Stelle stehen
       mikrobiologische Verunreinigungen, also Salmonellen oder Listerien, dann
       folgen Fremdkörper. Dazu gehören etwa Plastikteile im Brot.
       
       Einheitliche Vorgaben für ein Rückrufmanagement gibt es nicht. Selbst wenn
       Grenzwerte bestimmter Substanzen überschritten werden, muss es nicht
       zwingend eine Rückrufaktion geben.
       
       Es sind die Unternehmen, die entscheiden, ob und wann Produkte aus dem
       Sortiment genommen werden. Lena Blanken, Expertin für Lebensmittelhandel
       bei Foodwatch, hält das für eine Schwachstelle. „Unternehmen sind
       interessengeleitet und sie haben nicht an erster Stelle das
       Gesundheitsinteresse der Verbraucher im Sinne“, sagt Blanken.
       
       Zuständig für Ernährung ist eigentlich Bundeslandwirtschaftsminister
       Christian Schmidt (CSU). Auch in seinem Ministerium sieht man Reformbedarf,
       heißt es. Informationen für Verbraucher zu verbessern, dieser Punkt wurde
       bereits im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbart. Doch
       passiert ist bis zum Ende der Legislatur nur wenig.
       
       25 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.lebensmittelwarnung.de/bvl-lmw-de/app/process/warnung/start/bvllmwde.p_oeffentlicher_bereich.ss_aktuelle_warnungen
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Pricarico
       
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