# taz.de -- Bergbau in geschütztem Regenwald: Angriff auf den Amazonas
> Brasilien erlaubt Bergbau in einem Regenwald-Gebiet. Es drohen Abholzung,
> Wasserverschmutzung und die Vertreibung von Indigenen.
IMG Bild: Vorher, nachher: Regenwaldvernichtung in Brasilien
Rio de Janeiro taz | Der Raubbau im Amazonasgebiet geht in die nächste
Runde: Per Dekret löste Brasiliens Präsident Michel Temer am Mittwoch ein
riesiges Naturschutzgebiet im Norden des Landes auf. Große Teile der über
46.000 Quadratkilometer, deutlich mehr als die Fläche der Niederlande,
sollen für den Bergbau freigegeben werden. „Wir wollen Investoren anlocken,
mehr Wohlstand und neue Arbeitsplätze schaffen“, begründet Bergbauminister
Fernando Coelho Filho diesen Schritt.
Die 1984 während der Militärdiktatur geschaffene Reserva Nacional do Cobre
e Associados liegt in den Bundesstaaten Amapá und Pará, etwas nördlich des
Amazonasstroms. Vor allem Gold soll dort unter der Erde liegen, aber auch
große Eisenvorräte, Kupfer und andere Erze. Ab sofort dürfen
Konzessionen zum Abbau vergeben werden. Die Regierung will mehr Exporte
von Rohstoffen, um das krisengeschüttelte Land wieder auf Wachstumskurs zu
bringen.
Der oppositionelle Senator Randolfe Rodrigues will das Dekret von Temer
noch stoppen. Es sei verfassungswidrig, weil auch geschützte
Indigenen-Gebiete innerhalb des Renca-Territoriums von der wirtschaftlichen
Ausbeutung betroffen seien, argumentiert ein in aller Eile eingereichtes
Gesetz. Dass dieser Vorstoß vom konservativ dominierten Kongress angenommen
wird, ist freilich unwahrscheinlich. Rodrigues spricht vom „größten Angriff
auf das Amazonasgebiet in 50 Jahren“.
In dem betroffenen Gebiet leben mehrere indigene Ethnien, deren
Lebensunterhalt jetzt bedroht sei, kritisieren Menschenrechtsgruppen. Zudem
drohten durch neue Abholzungen und Beeinträchtigungen des ökologischen
Gleichgewichts die bekannten Folgen für das Klima.
„Es ist unverständlich, dass die Regierung ohne Dialog und ohne jede
Transparenz ein Dekret erlässt, das den Abbau von Mineralien erlaubt und
indigene Ethnien sowie den Umweltschutz im Herzen des Amazonas gefährdet“,
kritisiert Michel de Souza Santos vom WWF Brasilien. Der Vorrang von
privaten ökonomischen Interessen sei nicht hinnehmbar. Brasilien sei im
Rahmen der UN-Konventionen zum Klima und zur biologischer Vielfalt
zahlreiche international verbindliche Verpflichtungen eingegangen, ergänzt
Santos.
Nach Angaben des Umweltministeriums vom Amapá gibt es rund 260 Anträge auf
Erkundung und Abbau von Bodenschätzen in dem Schutzgebiet, ein Fünftel
davon stammen aus der Zeit vor 1984. „Ein Goldrausch in der Region würde
große Schäden verursachen“, warnt der WWF. Gefährdet seien vor allem zwei
Ethnien, die Aparai und die Wajana, die abgeschieden leben und über 17.000
Quadratkilometer Urwald vor Eingriffen schützen. „Neben Holzeinschlag,
Wasserverschmutzung und weiteren Umweltschäden durch den Bergbau ist zu
befürchten, dass das Dekret die Konflikte um Landnutzung in der Region
weiter anheizt“, sagt Brasiliens WWF-Direktor Maurício Voivodic.
24 Aug 2017
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DIR Andreas Behn
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