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       # taz.de -- „Landshut“-Maschine kommt ins Museum: Millionen für ein Schrottflugzeug
       
       > Sigmar Gabriel macht Geld locker für die Pflege einer bundesdeutschen
       > Legende. Das Flugzeug stehe symbolisch für die wehrhafte Demokratie.
       
   IMG Bild: Die gekaperte Lufthansa-Boeing 737 „Landshut“ auf dem Rollfeld des Flugplatzes von Dubai
       
       Berlin taz | Sigmar Gabriel (SPD) hat entschieden: Sein Außenministerium
       wird rund 20.000 Euro für ein Schrottflugzeug ausgeben. Seit 2008 rottet es
       auf dem Flughafen der brasilianischen Stadt Fortaleza vor sich hin. Es
       zerlegen zu lassen und nach Deutschland zu fliegen wird 2 Millionen Euro
       kosten, schreibt die in dieser Angelegenheit bestens informierte Bild. In
       Friedrichshafen soll die Boeing 737 restauriert und im Luftfahrtmuseum
       ausgestellt werden – Letzteres mit finanzieller Unterstützung der
       Dornier-Stiftung, der Museumsträgerin.
       
       Was ein flugunfähiges Flugzeug für Gabriel so wertvoll macht? Der Klumpen
       Altmetall war einmal die „Landshut“, jene Lufthansa-Maschine, die im
       Oktober 1977 auf dem Weg von Mallorca nach Frankfurt von palästinensischen
       Terroristen entführt wurde. Nach 106 Stunden und 9.000 Kilometer Irrflug
       befreiten deutsche Polizisten im somalischen Mogadischu die 91 Überlebenden
       und erschossen drei der vier Entführer.
       
       Diese Polizeiaktion ist „ein bis heute lebendiges Symbol unserer wehrhaften
       Demokratie und einer freien Gesellschaft, die sich von Angst und Terror
       nicht unterkriegen lässt“, findet Gabriel. Die „Landshut“ sei nicht einfach
       ein altes Flugzeug, sondern „ein Mutmacher“, verkündet der Außenminister
       via Bild. Das Blatt hat nach eigener Darstellung monatelang mit Gabriels
       Amt, der Lufthansa und der Dornier-Stiftung an der Rückholaktion gearbeitet
       – und feierte sie am Donnerstag mit einer Titelseite.
       
       Entführung und Befreiung der Landshut markieren Höhepunkt und Ende des
       „Deutschen Herbstes“, jener Reihung von Terroranschlägen im Jahr 1977. Die
       Rote Armee Fraktion (RAF) ermordete damals innerhalb weniger Wochen
       Generalbundesanwalt Siegfried Buback, zwei Personenschützer, den Bankier
       Jürgen Ponto und entführte Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer.
       
       ## Der Staat hat sich nicht erpressen lassen
       
       In Absprache mit der RAF brachten vier Palästinenser am 13. Oktober die
       „Landshut“ in ihre Gewalt. Sie forderten unter anderem die Freilassung von
       elf in Deutschland einsitzenden RAF-Leuten. In Dubai erschoss ein Entführer
       Flugkapitän Jürgen Schumann. Die Bundesregierung aber unter Kanzler Helmut
       Schmidt (SPD) gab nicht nach, sondern entschied sich zur riskanten, aber
       erfolgreichen Befreiung durch die Spezialeinheit GSG 9 in der Nacht zum 18.
       Oktober.
       
       Wenig später nahmen sich im Gefängnis Stuttgart-Stammheim die RAF-Leute
       Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe das Leben. Tags darauf
       wurde der Leichnam Schleyers gefunden. Der Staat hat sich nicht erpressen
       lassen, das ist die Lesart der Ereignisse, die nun auch Sigmar Gabriel noch
       einmal pflegt – wie zuvor schon Filme von ARD und ZDF.
       
       Die „Landshut“ flog bis 1985 für die Lufthansa, dann wurde sie verkauft und
       2008 außer Dienst gestellt. Einzelne Enthusiasten warben schon lange für
       ihre Rückholung. Nun hat Sigmar Gabriel gehandelt, drei Monate vor dem 40.
       Jahrestag des „Deutschen Herbstes“ – und wenige Wochen vor der
       Bundestagswahl.
       
       28 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Siepmann
       
       ## TAGS
       
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