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       # taz.de -- Absprachen in der Autobranche: EU kannte Kartell-Verdacht
       
       > EU-Kommission und Bundeskartellamt hatten offenbar schon 2014 Hinweise
       > auf Absprachen. Volkswagen verteidigt diese unterdessen als „weltweit
       > üblich“.
       
   IMG Bild: Die Kartellvorwürfe gegen Volkswagen werden nicht geringer
       
       Brüssel afp | Die Informationen über ein mögliches Kartell der großen
       deutschen Autobauer liegen den Wettbewerbsbehörden offenbar schon seit
       Jahren vor. Wie die [1][Süddeutsche Zeitung am Donnerstag berichtete],
       bekamen EU-Kommission und Bundeskartellamt offenbar bereits 2014 von
       Daimler Hinweise auf mögliche illegale Absprachen. Volkswagen verteidigte
       unterdessen eine Zusammenarbeit mit Wettbewerbern: Es sei „weltweit
       üblich“, sich über technische Fragen auszutauschen. Das helfe letztlich
       auch den Kunden.
       
       Der Daimler-Konzern erstattete der SZ zufolge 2014 eine Art Selbstanzeige
       in Brüssel. Zugleich soll der deutsche Autohersteller das Bundeskartellamt
       informiert haben. In der Daimler-Selbstanzeige ging es demnach unter
       anderem um mögliche Absprachen bei ausfahrbaren Dächern von Cabriolets.
       Später soll der Autobauer dann noch Informationen nachgereicht haben.
       
       Die Kartellvorwürfe waren Ende vergangener Woche bekannt geworden. Dem
       Spiegel zufolge sollen sich Volkswagen mit seinen Töchtern Audi und Porsche
       sowie Daimler und BMW seit den 90er Jahren in geheimen Arbeitsgruppen über
       ihre Fahrzeuge abgesprochen haben. EU-Kommission und Kartellamt erhielten
       entsprechende Informationen.
       
       Die Brüsseler Behörde übernahm die Bewertung der Dokumente, eine formelle
       Prüfung wäre dann der nächste Schritt. Ein Kommissionssprecher sagte am
       Donnerstag mit Verweis auf die laufende Durchsicht der Informationen, es
       würde der eigenen Arbeit schaden zu sagen, wann die Kommission von wem
       welche Informationen bekam.
       
       ## VW: Austausch „weltweit üblich“
       
       Zunächst hatte es geheißen, VW habe sich als erstes an die Behörden gewandt
       – offenbar kam Daimler dem [2][Konzern aus Wolfsburg aber noch zuvor]. Wer
       zu welchem Zeitpunkt mögliche Verstöße meldete, ist eine wichtige Frage, da
       der erste Hinweisgeber von der Kronzeugenregelung profitieren und straffrei
       ausgehen kann. Prüfungen von Kartell-Vorwürfen und mögliche Verfahren
       dauern oft mehrere Jahre.
       
       VW erklärte am Mittwochabend nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrates,
       es sei „in vielen Fällen erforderlich und nicht zu beanstanden“, bei neuen
       Technologien deren Machbarkeit und Standardisierung zu prüfen. Es sei daher
       „weltweit üblich“, dass sich Autohersteller über technische Fragen
       austauschten. Davon hätten „nicht zuletzt die Kunden“ einen Nutzen, weil
       innovative Lösungen „schneller verfügbar und preiswerter“ seien als
       aufwendigere Einzelentwicklungen.
       
       Der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Olaf Lies
       (SPD) äußerte sich ähnlich: Grundsätzlich seien Absprachen normal und
       richtig, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Es gebe aber Grenzen. VW müsse
       mit den Behörden zusammenarbeiten, um das Vertrauen in die
       Automobilindustrie nicht weiter zu beschädigen, sagte Lies dem NDR.
       
       Der VW-Vorstand hatte angesichts der Kartellvorwürfe am Mittwochabend den
       Aufsichtsrat des Unternehmens informiert. Am Wochenende hatten der
       Konzernbetriebsrat von VW und das Land Niedersachsen als Anteilseigner eine
       solche Aufsichtsratssitzung gefordert.
       
       27 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/illegale-absprachen-eu-kennt-seit-jahren-kartell-verdacht-in-autobranche-1.3604314
   DIR [2] /Absprachen-der-deutschen-Autoindustrie/!5434717
       
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