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       # taz.de -- Umstrittene Abstimmung in Venezuela: Mindestens 15 Tote am Wahltag
       
       > Zahlreiche Wahllokale blieben leer, vor der Tür herrschte Gewalt. Die USA
       > und andere Staaten wollen das Ergebnis der Wahl nicht anerkennen.
       
   IMG Bild: Chaotische Zustände auf den Straßen von Caracas während der Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung
       
       São Paulo epd | Die umstrittene Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung in
       Venezuela ist [1][von Straßenschlachten und zahlreichen Todesfällen
       überschattet worden]. Nach Berichten des [2][Nachrichtenportals „El
       Nacional“] vom Sonntag kamen innerhalb von 24 Stunden mindestens 15
       Menschen ums Leben. Es handelt sich um die blutigste Bilanz seit Ausbruch
       der Massenproteste gegen die sozialistische Regierung von Präsident Nicolás
       Maduro Anfang April.
       
       Die Opposition hatte zu einem Boykott der Wahl und Straßensperren
       aufgerufen. Sie sprach von einem schwarzen Tag für die Demokratie und warf
       den Sicherheitskräften ein brutales Vorgehen gegen demonstrierende
       Regierungsgegner vor. Für Montag kündigte sie weitere Proteste an.
       
       Die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder kündigten an, das
       Wahlergebnis nicht anzuerkennen. „Die betrügerische Wahl von Maduro ist ein
       weiterer Schritt in Richtung Diktatur. Wir akzeptieren keine unrechtmäßige
       Regierung“, [3][erklärte die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, via
       Twitter]. „Das venezolanische Volk und die Demokratie werden sich
       durchsetzen“, fügte sie hinzu. Auch Mexiko, Kolumbien, Panama, Argentinien,
       Costa Rica, Brasilien und Peru lehnten die Wahl zur verfassungsgebenden
       Versammlung als illegal ab.
       
       Ein offizielles Wahlergebnis lag am Sonntagabend noch nicht vor. Beobachter
       berichten aber von einer geringen Wahlbeteiligung. Zahlreiche Wahllokale
       seien leer geblieben. Vizepräsident Tareck El Aissami sprach dagegen von
       einer „massiven Beteiligung“ im ganzen Land. Maduro hatte gedroht, Arbeiter
       in Staatsbetrieben zu entlassen und ihnen Sozialleistungen zu kürzen, wenn
       sie sich an dem Wahlboykott der Opposition beteiligen.
       
       Oppositionsführer Henrique Capriles rief für Montagmittag zu einem
       landesweiten Protestmarsch gegen „das Massaker vom Sonntag“ auf. „Wir
       können angesichts der vielen Toten nicht gleichgültig sein“, sagte der
       ehemalige Präsidentschaftskandidat und Gouverneur des Bundesstaates
       Miranda. „Die Wahl ist vorbei, aber der Kampf für die Demokratie geht
       weiter.“
       
       ## Motorradgangs, Soldaten und Plünderungen
       
       Im Bundesstaat Táchira im Westen des Landes kamen sechs Menschen ums Leben,
       etwa 400 Demonstranten wurden verletzt, wie Capriles bekanntgab. In Merida
       gab es fünf Tote, im Bundesstaat Lara, ebenfalls im Westen des Landes,
       kamen zwei Menschen ums Leben. Ein Demonstrant starb in Sucre, ein weiterer
       in Zulia durch Schussverletzungen. Die Zahl der Toten seit April stieg
       damit auf rund 130.
       
       Videos in sozialen Medien zeigen Soldaten, die sich auf Hausdächern
       positionieren und von dort auf Demonstranten schießen. In Caracas
       schüchterten regierungsnahe Motorradgangs Anwohner ein und schossen wild um
       sich. Bereits in der Nacht zum Sonntag hatte es zahlreiche Plünderungen in
       Wahllokalen gegeben, bei denen auch Wahlcomputer zerstört wurden.
       
       Maduro will die 1999 unter seinem Vorgänger Hugo Chávez verabschiedete
       Verfassung novellieren und ließ deshalb über die 545 Mitglieder einer
       verfassungsgebenden Versammlung abstimmen. Das Gremium kann alle anderen
       staatlichen Institutionen auflösen. Mit einer Verfassungsreform will er
       nach eigenen Angaben das Land befrieden.
       
       Die Opposition wirft Maduro dagegen vor, das Parlament entmachten und sich
       „diktatorische Vollmachten“ sichern zu wollen. Sie sieht darin ein Manöver,
       die 2018 anstehende Präsidentenwahl hinauszuschieben. Schon jetzt regiert
       Maduro mit Sonderdekreten am Parlament vorbei. Seit Anfang 2016 stellt die
       Opposition die Mehrheit im Nationalparlament.
       
       31 Jul 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5437851
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   DIR [3] https://twitter.com/nikkihaley/status/891768738239979522
       
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