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       # taz.de -- Autoindustrie als Wahlkampfthema: Merkel weist E-Auto-Quote zurück
       
       > SPD-Kanzlerkandidat Schulz hatte eine europaweite Quote für E-Autos
       > gefordert. Bei ihrem Wahlkampfauftakt gibt Kanzlerin Merkel dem eine
       > Absage.
       
   IMG Bild: Vor der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft in Dortmund: Kanzlerin Angela Merkel
       
       Dortmund/Berlin dpa | Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Autobosse in
       der Diesel-Affäre kritisiert und von ihnen mehr Engagement bei der
       Entwicklung von Zukunftstechnologien verlangt. „Weite Teile der
       Automobilindustrie haben unglaubliches Vertrauen verspielt“, sagte sie am
       Samstag zum Start in die heiße Phase des Wahlkampfs bei einer Veranstaltung
       des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA) in Dortmund. Dies müssten die
       Unternehmensführungen nun wieder herstellen. „Da muss gehandelt werden.“
       Den SPD-Vorstoß für eine europaweite Quote für Elektro-Autos wies Merkel
       zurück.
       
       Sie glaube nicht, dass die Quote für E-Autos schon genau durchdacht sei,
       sagte die Kanzlerin. „Erstmal verhandeln wir dann wieder ewig in Europa,
       wie die Quote nun sein soll. Und anschließend: Was machen wir denn, wenn
       sie nicht eingehalten wird.“
       
       Merkel war von Teilen der SPD kritisiert worden, weil sie wegen ihres
       Sommerurlaubs nicht am Diesel-Gipfel der Bundesregierung Anfang August mit
       den Unternehmen teilgenommen hatte. Das Thema sorgt wegen drohender
       Fahrverbote in Städten und des anhaltenden Abgas-Skandals im Wahlkampf auch
       für Unruhe in den Unionsreihen. Auch angesichts der jüngst in Umfragen
       zurückgegangenen Zustimmungswerte zur Politik der Kanzlerin dürften Merkels
       Äußerungen ein Versuch sein, bei dem wichtigen Wahlkampfthema wieder Boden
       zu gewinnen.
       
       Nach dem Vorschlag von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz soll eine Quote
       bei E-Autos nicht für die Autobauer gelten, sondern für Neuzulassungen.
       Demnach soll der Staat einen E-Auto-Anteil festlegen, etwa bezogen auf die
       Einwohnerzahl. Das soll Anreiz für die Autobauer sein, sich auf diesem
       Markt eine gute Position zu sichern. Kaufanreize sollten Kunden dazu
       bringen, Autos mit elektrischem Antrieb zu kaufen.
       
       Kritik an Merkels Quoten-Äußerungen kam umgehend vom Koalitionspartner.
       Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte in Berlin, die
       Quoten-Debatte müsse von der Bundesregierung mitgestaltet werden.
       „Abzulehnen, ohne Alternativen zu benennen, zeigt, dass eine Konzeption
       fehlt und wir isoliert werden.“ Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD)
       sagte, ohne Quote würden die EU-Klimaschutzziele für 2030 nicht erreichbar
       sein. „Das wäre ein erneuter Kniefall vor der Autoindustrie.“
       
       Linken-Parteichef Bernd Riexinger kritisierte auf Twitter, Merkels Appelle
       reichten nicht. „Betrügern muss man das Handwerk legen“. Die Konzerne
       müssten Nachrüstungen älterer Diesel-Fahrzeuge komplett zahlen.
       
       ## Ehrlichkeit und Autoindustrie
       
       Merkel verlangte vor rund 800 Zuhörern in Dortmund, wenn Deutschland
       Automobilstandort Nummer eins bleiben wolle, müsse man stärker auf die
       Entwicklung alternativer Antriebstechnologien setzen, das autonome Fahren
       und die Vernetzung von Mobilität weiterbringen. „Die Frage, ob die deutsche
       Automobilindustrie diese Zeichen der Zeit erkannt hat, wird über ihre
       Zukunft entscheiden. Und damit über Hunderttausende von Arbeitsplätze.“
       
       Ehrlichkeit gehöre zur sozialen Marktwirtschaft, betonte Merkel. „Das, was
       man da unter den Tisch gekehrt hat, oder wo man Lücken in den Abgastests
       einfach massiv genutzt hat bis zur Unkenntlichkeit, das zerstört
       Vertrauen.“ Nun könne nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden.
       „Das wird noch viele Diskussionen hervorrufen.“
       
       Auf die Automobilindustrie als wichtige Säule der deutschen Wirtschaft
       könne und wolle man aber nicht verzichten, sagte Merkel. „Deshalb müssen
       wir uns schnell genug erneuern.“ Wo die Unternehmen dies nicht alleine
       schafften, müssten sie von der Regierung „angeschubst“ werden und
       Verpflichtungen vereinbaren. Bei der Bewältigung der Diesel-Affäre gehe es
       um mehr als 800 000 zentrale Arbeitsplätze – „das hat viel mit Made in
       Germany zu tun.“
       
       In diesem Zusammenhang sei die Nachrüstung der Autosoftware „mal das
       Mindeste. Die Angebote von Umtauschprämien sind ein Schritt“, sagte die
       Kanzlerin. Ob dieser ausreiche, werde bei einem weiteren Gipfel mit der
       Wirtschaft im Herbst überprüft. Zudem müssten Fahrverbote vermieden werden,
       betonte sie unter dem Beifall der etwa Zuhörer.
       
       Bei der Bewältigung der Diesel-Affäre müsse ein vernünftiger Weg gefunden
       werden, „in dem die Hauptverantwortung die Automobilindustrie trägt“, sagte
       Merkel. Zusammen mit Kommunen und Ländern wolle die Regierung für bessere
       Voraussetzungen für neue Antriebstechniken sorgen, wie etwa Ladestationen
       für E-Mobilität in den Städten. Sie werde etwa Vorschläge machen, wie
       Arbeitnehmern Lademöglichkeiten während der Arbeitszeit ermöglicht werden
       könnten.
       
       12 Aug 2017
       
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