# taz.de -- Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute: Weniger Rettungsaktionen vor Libyen
> Nachdem die libysche Küstenwache auf Schiffe schoss, hat nun eine dritte
> NGO ihre Rettungseinsätze gestoppt. Italien bemängelt die
> EU-Flüchtlingspolitik.
IMG Bild: „Ärzte ohne Grenzen“ stellt die Hilfsaktionen im Mittelmeer vorerst ein
Rom/Berlin rtr/dpa | Nach „Ärzte ohne Grenzen“ haben zwei weitere
Hilfsorganisationen ihre Rettungseinsätze im Mittelmeer gestoppt. Ihre
Besatzungen könnten nicht länger sicher arbeiten, weil sie von der
libyschen Küstenwache bedroht würden, teilten die Organisationen „Save the
Children“ und „Sea Eye“ am Sonntag mit. Dadurch würden Menschenleben
gefährdet, sagte Rob MacGillivray von „Save the Children“. Bereits am
Samstag hatte „Ärzte ohne Grenzen“ nach derartigen Vorwürfen seine Einsätze
gestoppt.
Boote der libyschen Küstenwache hatten am Rande der libyschen
Küstengewässer wiederholt auf Schiffe der Hilfsorganisationen geschossen.
Die Küstenwache hatte die Schüsse damit erklärt, Kontrolle über die
Rettungsaktionen behalten zu wollen. „Grundsätzlich sind wir nicht gegen
die Anwesenheit der Hilfsorganisationen, aber wir erwarten von ihnen eine
stärkere Zusammenarbeit mit dem Staat Libyen“, sagte ein Sprecher der
Küstenwache.
Hilfsorganisationen spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Rettung
von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. In diesem Jahr hatten sie mehr als ein
Drittel aller Migranten aufgegriffen, 2014 waren es noch weniger als ein
Prozent. Über Libyen kommen derzeit die meisten Menschen, die versuchen,
über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Bei dem Versuch sterben
Tausende.
EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos hat „absolute
Kompromisslosigkeit“ im Umgang mit Menschenhändlern und Schleppern im
Mittelmeer angemahnt. „Schleuser zu bekämpfen und ihre Aktivitäten zu
unterbinden, ist heute mehr denn je unsere Priorität“, sagte Avramopoulos
den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Operation „Sophia“, die speziell
dafür eingesetzt wurde, habe bereits zur Verhaftung von rund 110
mutmaßlichen Schleusern und Menschenhändlern beigetragen und mehr als 470
Boote aus dem Verkehr gezogen, lobte der EU-Kommissar.
Italiens Außenminister Angelino Alfano wirft den EU-Staaten vor dem
Hintergrund der Flüchtlingskrise auf der Mittelmeerroute Versagen vor: „Es
fehlt an einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik, die sich der
Ankünfte aus Afrika annimmt“, sagte er der Bild-Zeitung. „Italien leistet
den Beitrag, aber wir können diese Last nicht alleine verkraften.“
Der Minister rechnet bis Ende des Jahres mit mehr als 200.000 Menschen, die
über die Mittelmeerroute nach Europa kommen. Und er gibt zu bedenken:
„Weitere hunderttausende Menschen warten in Libyen auf die gefährliche
Überfahrt, die häufig tödlich endet.“
14 Aug 2017
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