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       # taz.de -- Buch über Finanzdienstleister AWD: Carsten Maschmeyer als Opfer
       
       > Schmutz vom Ex-Mitarbeiter: Er startete angeblich im Auftrag der
       > Konkurrenz eine Rufmordaktion gegen den damaligen Chef des
       > Finanzvertriebs.
       
   IMG Bild: Ist der Ruf erst ruiniert…
       
       BERLIN taz | Für Bild-, aber auch für taz-Leser ist es eine irgendwie
       verkehrte Welt: Auf Seite 1 forderte das Springer-Blatt gestern seine Leser
       auf, Solidaritätsmails an Deniz Yücel zu schreiben. Der einstige
       taz-Redakteur und spätere Welt-Korrespondent schmort seit einem halben Jahr
       in Einzelhaft in der Türkei. Aufmacher ist eine Geschichte über den
       „Milliarden-Krimi um Maschmeyer“: Der Gründer des Finanzvertriebs AWD
       Carsten Maschmeyer könnte Opfer einer „Rufmord-Kampagne“ sein, schreibt
       Bild – und nicht nur sie: Handelsblatt und Welt am Sonntag drucken sogar
       vorab Auszüge eines Buchs ab, in dem der ehemalige AWD-Mitarbeiter Stefan
       Schabirosky erzählt, wie er jahrelang eine Schmutzkampagne gegen Maschmeyer
       und dessen AWD gefahren haben soll – und dafür monatlich 6.000 Euro vom
       AWD-Hauptkonkurrenten DVAG erhielt, insgesamt eine halbe Million Euro.
       
       Dafür ließ Schabirosky angeblich anonyme Strafanzeigen gegen den AWD
       einreichen, baute Internetseiten von vermeintlichen AWD-Opfern nach – und
       fütterte Journalisten von Süddeutscher Zeitung bis Spiegel mit frisierten
       Übelgeschichten über den ohnehin bereits verruchten AWD. Gäbe es eine
       historische Beliebtheitsliga, würde der „Drückerkönig“ Maschmeyer wohl auch
       heute noch mit Kim Jong Un und Ronald Pofalla auflaufen. Soll der geldgeile
       Unsympath, der Mann von der „Maschsee-Mafia“ – bekannt ist der
       Multimillionär ja auch noch mit Schröders, Wulffs und den Scorpions –
       tatsächlich Opfer statt Täter sein?
       
       Der Plot klingt zumindest reißerisch: Danach war Schabirosky zunächst über
       zehn Jahre beim AWD tätig, wurde aber 2003 wegen internen Streits entlassen
       – und bot sich anschließend der Konkurrenz an. Bei der DVAG wurde der
       Hamburger offiziell Berater für Vertriebscontrolling, tatsächlich, um sein
       intern „Unternehmen Donnerwetter“ genanntes Vorhaben in die Tat umzusetzen:
       Maschmeyer sollte ruiniert werden.
       
       Bad News über ihn zu verbreiten war nicht schwer, schreibt Schabirosky:
       Maschmeyer, heute Multimillionär, „Investor“ und Juror bei Gründershows von
       Vox und Sat.1, gilt schon lange als Großkotz. In den 90ern trat er mit
       bunten Krawatten, goldenen Kettchen, fiesem Schnäuzer und fetten Autos auf.
       Zudem ritt Maschmeyer angeblich auf Betriebsfesten auch mal geschminkt mit
       einem Elefanten ein, um Eindruck zu schinden.
       
       Der Chef von Deutschlands größter Drückerkolonne 
       
       Gleichzeitig machte er seinen Finanzvertrieb mit Tausenden „Finanzberatern“
       zum größten im Land. An Konkurrent DVAG vorbei, wo Kohls
       Kanzleramtsminister Friedrich Bohl erst zum Generalbevollmächtigten, dann
       Aufsichtsratschef wird. Der „Direktvertrieb“ – also der Verkauf von
       Versicherungen oder Fonds an der Haustür – ist lukrativ: Seine Kritiker,
       und davon gibt es viele, sagen, Maschmeyer sei Chef von Deutschlands
       größter Drückerkolonne gewesen. Diese habe ahnungslosen Kunden
       Finanzprodukte angedreht, die sie überforderten, Vermögen und
       Altersvorsorge wurden mit dem berüchtigten „3-Länder-Fonds“ vernichtet.
       
       Es folgten Anlegerklagen, zugleich schossen Onlineportale aus dem Boden,
       auf denen sich Exmitarbeiter über quasi mafiöse Strukturen beim einstigen
       Arbeitgeber ausbreiteten. Maschmeyer hat AWD 2008 an einen Schweizer
       Konzern verkauft.
       
       Die Umdeutung der Geschichte rief umgehend Proteste hervor: Die DVAG
       dementierte am Sonntag, der NDR, der angeblich auch von Schabirosky
       gefüttert wurde, betonte am Montag, das Buch rehabilitiere Maschmeyer
       keineswegs. Der habe „mit dem Verkauf kreditfinanzierter geschlossener
       Fonds Tausende Menschen ins Unglück gestürzt … Das hat uns damals nicht der
       „Whistleblower“ Stefan Schabirosky (und erst recht nicht wahrheitswidrig)
       gesteckt, sondern das haben uns Opfer, Beteiligte und Anwälte in die Kamera
       bestätigt und detailliert belegt.“
       
       14 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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