URI: 
       # taz.de -- Trump über Charlottesville: Immer noch sind beide Seiten schuld
       
       > US-Präsident Trump verteidigt erneut seine erste Reaktion auf die Gewalt
       > in Charlottesville. Gewerkschaftschef Trumka tritt als Berater zurück.
       
   IMG Bild: Verzerrte Fakten: Donald Trump vermeidet es nach wie vor, von Terrorismus zu sprechen
       
       New York/Berlin dpa | US-Präsident Donald Trump hat seine uneindeutige
       erste Reaktion auf die Gewalt bei der Rassisten-Kundgebung in
       Charlottesville vehement verteidigt und erneut beiden Seiten die Schuld
       gegeben. „Es gab auf der einen Seite eine Gruppe, die schlimm war, und es
       gab auf der anderen Seite eine Gruppe, die ebenfalls sehr gewalttätig war“,
       sagte Trump. Damit verteidigte der US-Präsident Neonazis gegen
       Gegendemonstranten.
       
       Aus Verärgerung über den Rückfall Trumps trat Gewerkschaftschef Richard
       Trumka kurz nach der Konferenz aus einem Beirat des Präsidenten zurück. Er
       müsse „im Namen aller arbeitenden Amerikaner, die jeden Versuch der
       Legitimierung dieser bigotten Grupppen ablehnen“, zurücktreten, wurde der
       Chef der Gewerkschaft AFL-CIO zitiert. Zuvor hatten bereits zwei
       Wirtschaftsgrößen in dieser Woche Trump den Rücken gekehrt.
       
       Am Samstag war bei rassistischen Ausschreitungen in Charlottesville,
       Virginia, eine 32-Jährige Gegendemonstrantin von einem Auto erfasst und
       getötet worden. 19 Menschen wurden verletzt. Vorher war es zu
       Zusammenstößen gekommen. In seiner ersten Reaktion hatte Trump von „Gewalt
       von vielen Seiten“ gesprochen. Er vermied es, Rassisten und Neonazis beim
       Namen zu nennen. Er bekam daraufhin erheblichen Druck und Kritik auch aus
       den eigenen Reihen.
       
       [1][Erst am dritten Tag nach den Zwischenfällen] hatte Trump sich im Weißen
       Haus öffentlich von Rassisten und dem Ku Klux Klan distanziert. US-Medien
       zufolge tat Trump das widerstrebend und nur unter großem Druck enger
       Berater.
       
       Am Dienstag verteidigte Trump sein Zögern vom Samstag und fiel inhaltlich
       auf sein erstes Statement zurück. „Ich wollte sicher sein, dass das, was
       ich sage, korrekt ist“, sagte der Präsident. Man sage nicht sofort etwas,
       wenn man die Fakten nicht genau kennt, „anders als viele Reporter“, fügte
       Trump hinzu. Anders als andere Politiker habe er nicht einfach irgendein
       rasches Statement machen wollen.
       
       ## Schwer verärgert
       
       Faktencheck: Donald Trump hat in der Vergangenheit eine Vielzahl von
       Zwischenfällen via Twitter sofort als Terrorakt bezeichnet, obwohl Lage und
       Hintergründe noch völlig unklar waren. Beispiel: Die Attacke auf ein Kasino
       auf den Philippinen am 1. Juni. Der Angriff war nicht das Werk von
       Terroristen.
       
       Trump sprach in der Lobby des Trump-Towers. Eigentlicher Anlass war ein
       Statement zur Infrastruktur in den USA. Im Anschluss ließ Trump Fragen vom
       Reportern zu. Das Hin und Her lief zeitweise aus dem Ruder.
       
       Sicht- und hörbar schwer verärgert sagte Trump, in Charlottesville seien
       längst nicht nur Rassisten und Nationalisten auf der Straße gewesen,
       sondern auch unschuldige Demonstranten, die etwa am Vorabend friedlich
       gegen den Abriss der Statue des Südstaatengenerals Robert E. Lee hätten
       protestieren wollen. Er habe sich das alles sehr genau angesehen, sagte
       Trump. Beide Seiten seien aufeinander losgegangen. Es habe „auf beiden
       Seiten sehr anständige Leute“ gegeben.
       
       Am Vorabend der gewalttätigen Zusammenstöße waren in Charlottesville
       Neonazis und andere Ultrarechte durch die Stadt gezogen. Viele trugen
       Fackeln, hatten den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben und riefen „Tod den
       Juden!“. Trump sagte, die Medien hätten erneut sehr unfair berichtet,
       sowohl über ihn selbst als auch über die tatsächlichen Ereignisse vom
       Wochenende. Die Medien seien aber „Fake“ und nicht ehrlich.
       
       ## Argumentation wie bei rechten Talkradios
       
       Vor dem Hintergrund der „Alt Right“, die als eine Art „Alternative Rechte“
       ein Sammelbecken für Ultrarechte und auch Neonazis ist, sagte Trump: „Was
       ist mit der Alt-Left, die die, wie Sie es nennen, „Alt Right“ angegriffen
       haben? Gibt es da irgendeinen Anschein von Schuld?“ Diese Geschichte habe
       zwei Seiten.
       
       Minuten nach Trumps Einlassungen twitterte der [2][frühere
       Ku-Klux-Klan-Chef David Duke], er danke dem Präsidenten für seine
       Aufrichtigkeit und den Mut, [3][die Wahrheit zu Charlottesville
       auszusprechen] und die „Linksterroristen“ in der Bewegung „Black Lives
       Matter“ und der Antifa zu verdammen.
       
       Trump sagte, die Ereignisse von Charlottesville seien ein schrecklicher
       Moment für die USA gewesen. Mit seine Einlassungen vom Dienstag fiel der
       Präsident deutlich hinter sein Statement vom Montag zurück. US-Medien
       wiesen darauf hin, dass Trumps Argumentation der rechter Talk-Radios sehr
       ähnlich sei. Diese Sender sind wichtig für Trumps Basis.
       
       Trump vermied es am Dienstag erneut, die Attacke mit dem Auto als
       Terrorismus zu bezeichnen, anders als viele Republikaner und auch sein
       eigener Chefankläger Jeff Sessions. „Ist das Mord? Ist das Terrorismus?“
       Der Fahrer des Wagens sei ein Mörder.
       
       Trump fragte: „Sollen wir jetzt auch die Statuen George Washingtons
       abreißen“, weil der frühere US-Präsident Sklaven gehalten habe? Vor allem
       in den Südstaaten der USA gibt es vielerorts eine Kontroverse um den Umgang
       mit Denkmälern, die an den Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd erinnern.
       
       ## Rechtsextreme Webseite vom Netz genommen
       
       Die rechtsextremistische Internet-Seite „Daily Stormer“ wird womöglich bald
       vom Netz genommen. Der Webhoster GoDaddy hat die Betreiber der
       Neonazi-Seite aufgefordert, zu einem anderen Anbieter zu wechseln. „The
       Daily Stromer“ sei informiert worden, sich binnen 24 Stunden einen neuen
       Provider zu suchen, twitterte GoDaddy am Montag. Grund sei der Verstoß
       gegen die Nutzungsregeln.
       
       Am Montag versuchten die Betreiber der Site, die Domain von GoDaddy auf
       Server von Google umzuziehen. Zwei Stunden nach der Registrierung am
       Montagmorgen lehnte der Internet-Konzern den Domain-Umzug ab. Wie GoDaddy
       berief sich Google auf seine Nutzungsregeln, die durch die Website verletzt
       würden.
       
       „The Daily Stormer“ hatte am Wochenende den Aufmarsch von Rechtsradikalen
       und Neonazis in Charlottesville im US-Bundessstaat Virginia unterstützt. Am
       Montag hatte zudem ein möglicher Hackerangriff auf die „Daily
       Stormer“-Seite Fragen aufgeworfen. „Diese Seite ist nun unter der Kontrolle
       von Anonymous“, hieß es in einem Artikel. Die Aktion sei im Namen der Opfer
       von Charlottesville erfolgt, die „Opfer von weißem rechtsextremen Terror“.
       Zunächst war aber unklar, ob tatsächlich des Netzwerkes Anonymous
       dahintersteckte.
       
       Auf der Twitter-Seite von „YourAnonNews“ hieß es am Montag: „Wir haben
       bislang keine Bestätigung, dass „Anonymous“ involviert ist.“ Es sehe eher
       nach einem Kunststück von „Daily Stormer“ selbst aus.
       
       16 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Neonazi-Gewalt-in-den-USA/!5439692
   DIR [2] /Portrait-US-amerikanischer-Neonazi/!5433815
   DIR [3] https://twitter.com/DrDavidDuke/status/897559892164304896
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Donald Trump
   DIR Charlottesville
   DIR Schwerpunkt Neonazis
   DIR Alt-Right-Bewegung
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR White Supremacy
   DIR Donald Trump
   DIR Lesestück Meinung und Analyse
   DIR Charlottesville
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Twitter / X
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Antisemitismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kommentar Sturm auf die US-Denkmäler: Ein Silberstreif am Horizont
       
       In Sachen weißer Vorherrschaft ist Trump sich und seiner Wählerschaft treu
       geblieben. Charlottesville könnte ein Wendepunkt sein.
       
   DIR „White Supremacists“ in den USA: Weißisten, Überlegenheitler, Neonazis
       
       Wie nennt man die Menschen, die in Charlottesville ihr Überlegenheitsdenken
       zur Schau gestellt haben? Die Übersetzung bereitet Schwierigkeiten.
       
   DIR Kommentar US-Rechtsextremismus: Trump? Grrr*÷!!!schn**!!
       
       Nach der rechten Gewalt in Charlottesville erlebte man Trump pur. Die
       Rassisten haben in den USA einen Platz: ganz oben.
       
   DIR Debatte Zivilgesellschaft und Rassisten: Das Rechte gegen rechts
       
       AfD, NPD oder Ku-Klux-Klan: Die grundlegenden Werte sind bei allen Rechten
       gleich. Die demokratische Zivilgesellschaft muss sich dagegenstellen.
       
   DIR Nach der Gewalt in Charlottesville: US-Aktivist outet Neonazis
       
       Im Netz werden Fotos von wütenden jungen Männern verbreitet – mit zum Teil
       harten Konsequenzen für die Fotografierten.
       
   DIR Kommentar Neonazi-Gewalt in den USA: Es wird einsam um Trump
       
       Der US-Präsident kann hart und scharf verurteilen – aber gerade bei der
       Neonazi-Gewalt aus dem Inneren der USA tat er sich schwer. Das wird Folgen
       haben.
       
   DIR US-Film von 1943: 70 Jahre alter Antifa-Clip geht viral
       
       Nach der Neonazi-Demo in Charlottesville wird auf Twitter ein Film geteilt,
       der 1943 vor den Nazis warnte. Man solle nicht auf Trump hereinfallen.
       
   DIR Gewalt bei der Neonazi-Demo in den USA: Hat die Polizei versagt?
       
       Nach der Gewalt in Charlottesville gibt es Kritik am Vorgehen der Polizei.
       Das Sicherheitskonzept sei gut gewesen, sagt der Bürgermeister.
       
   DIR Getötete Anti-Nazi-Aktivistin in den USA: „Wir brauchen mehr Heathers“
       
       Bei einer Demo gegen Neonazis in Charlottesville wurde Heather Heyer
       getötet. Die Anwaltsgehilfin hatte hohe moralische Standards.
       
   DIR Portrait US-amerikanischer Neonazi: Hexenmeister des Ku-Klux-Klan
       
       David Duke lief schon zu seinen Studienzeiten in Nazi-Uniform auf dem
       Campus herum. Jetzt wettert er gegen Politiker, Medien und NGOs.