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       # taz.de -- Nokia feiert sein Comeback: Das „Ich“ war hier
       
       > Nokia ist zurück! Und mit ihm kommt das Bothie, der Nachfolger des
       > Selfies. Das neue Handy macht Fotos in zwei Richtungen – gleichzeitig.
       
   IMG Bild: Damit alle wissen, wo „ich“ bin: ein Bothie von mir und meiner Aussicht
       
       Die Frage nach dem eigenen Sein, danach, wer „ich“ bin, hat im Laufe der
       Geschichte schon zahlreiche Updates erfahren. Die Schlussfolgerung von René
       Déscartes, „Ich denke, also bin ich“ ist lange überholt. Denn: Wer sieht
       denn schon, was ich denke? Und kann man das auch nachbearbeiten? Das
       medienaffine Selbst des 21. Jahrhunderts stellt sich dar im Selfie. Das
       jedoch soll jetzt einen Nachfolger bekommen: das Bothie.
       
       Das Bothie ist ein Selbst-Bild, zusammengesetzt aus zwei Fotos,
       fotografiert mit Vorder- und Rückkamera desselben Smartphones. Das Wort,
       gebildet aus „Selfie“ und dem englischen Begriff „both“, steht nicht für
       entweder-oder, nein: Es ist beides, eben „both“. Ich und das, was ich sehe,
       zum Beispiel der Urlaubsstrand und mein Gesicht, können gleichzeitig
       fotografiert, gepostet, getwittert und geteilt werden. Auch benötigt man so
       keine zweite Person mehr, die einen, vor einer Sehenswürdigkeit stehend,
       fotografiert. Wie beim Selfie ist man nun auch für dieses klassische
       Urlaubsmotiv autark.
       
       Präsentiert wird das Bothie ausgerechnet von einem längst Totgeglaubten –
       dem guten alten Nokia, das es jetzt in Wiederauflage als Smartphone gibt.
       1865 als Zellstofffabrik aus der Forstwirtschaft hervorgegangen und erst
       mit Gummistiefeln und in den späten 90er Jahren dann für Handys bekannt
       geworden, verschwand das finnische Großunternehmen 2013 von der Bildfläche.
       Nun wurde es von der Firma HMD Global übernommen, die das Nokia 8 mit
       besagter „Dual Sight Technology versehen hat. Schließlich wird von neuen
       Smartphones erwartet, dass sie etwas können, was es so bisher noch nicht
       gab.
       
       Das Bothie ist die logische Folge eines Marketings, das dem wachsenden
       Bedürfnis nach Innovation gerecht werden muss, um im Kapitalismus nicht
       unterzugehen. Ein einfaches Foto wird zwar zur Kenntnis genommen, ist beim
       Scrollen durch die Timeline aber in der nächsten Sekunde schon langweilig.
       Aber das „Ich“ will auffallen und gefallen. Eine neue Optik muss also her.
       
       21 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Louisa Theresa Braun
       
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