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       # taz.de -- Verhältnis Deutschland-Türkei: Warnt die Regierung deutlich genug?
       
       > Im Wahlkampf diskutieren die Parteien über Sicherheitshinweise für
       > Türkei-Reisen. Bisher gibt es keine formelle Reisewarnung.
       
   IMG Bild: Auch ohne Reisewarnung geht das Türkei-Geschäft zurück
       
       Berlin taz | Flüge und Unterkünfte sind derzeit billig: Eine Woche Antalya
       mit Halbpension gibt es auf Last-minute-Portalen derzeit schon ab 240 Euro.
       Ob sich der Türkei-Urlaub lohnt, ist aber eine andere Frage: Wenn es ganz
       blöd läuft, endet die Reise nämlich in der Zelle.
       
       Zwei Deutsche hat die Flughafenpolizei Antalya am Donnerstag festgenommen,
       nach Angaben des Auswärtigen Amts auf Grundlage „politischer Tatvorwürfe“.
       Direkten Kontakt zu den beiden haben die türkischen Behörden dem deutschen
       Konsulat bis Sonntagmittag nicht gewährt. Laut Bundesregierung liegt die
       Zahl der „im Nachgang des Putsches inhaftierten Deutschen“ inzwischen bei
       zwölf.
       
       In Deutschland forderten daher am Wochenende Politiker mehrerer Parteien
       eine offizielle Reisewarnung für die Türkei. „Es braucht jetzt sofort eine
       amtliche Reisewarnung“, sagte Linken-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht
       den Zeitungen der Funke-Gruppe. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Bild, die
       Situation sei so ernst, „dass ich niemandem mehr mit gutem Gewissen sagen
       kann, dass man in der Türkei derzeit sicher ist“. Ähnlich äußerte sich auch
       FDP-Chef Christian Lindner.
       
       Das Auswärtige Amt rät bei Türkei-Reisen schon seit Ende Juli zur Vorsicht.
       Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte damals nach der Festnahme des
       Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner eine Kursänderung in der
       Türkei-Politik angekündigt. „Zuletzt waren in der Türkei in einigen Fällen
       Deutsche von freiheitsentziehenden Maßnahmen betroffen, deren Grund oder
       Dauer nicht nachvollziehbar war“, heißt es seitdem in den
       Sicherheitshinweisen im Internet. „Im Einzelfall“ drohten auch
       Strafmaßnahmen.
       
       ## Forderung nach Reisewarnung
       
       Eine offizielle Reisewarnung ist das aber noch nicht. Eine solche spricht
       das Auswärtige Amt nur bei „Gefahr für Leib und Leben“ aus; in solchen
       Fällen rät es von Reisen in das entsprechende Land oder bestimmte Regionen
       ab. Reisewarnungen gibt es derzeit für Krisenregionen wie die Ostukraine,
       Staaten wie Afghanistan und Gebiete wie die Gegend um das Atomkraftwerk
       Fukushima. Bedeutend sind sie vor allem für Touristen und Reiseunternehmen:
       Spricht das Auswärtige Amt eine Reisewarnung aus, haben es Kunden
       einfacher, ihre Buchungen gebührenfrei zu stornieren.
       
       Eine solche Warnung plant das Ministerium derzeit nicht. Trotz der
       Ankündigung Gabriels hat die Bundesregierung ihre Türkei-Politik auch sonst
       noch nicht grundlegend verändert. Weder hat sie gemäß der Anregung des
       Außenministers die Hermes-Bürgschaften für Exportgeschäfte mit der Türkei
       gedeckelt, noch wurden auf EU-Ebene die Vorbeitrittshilfen an Ankara
       gestrichen.
       
       CSU und Linkspartei stellten am Wochenende erneut eine noch weitergehende
       Forderung: nach dem Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
       „Jeder Versuch, dies mit Diplomatie allein zu lösen, ist gescheitert.
       Deshalb müssen die EU und die Bundesregierung deutliche Signale setzen“,
       sagte CSU-Chef Horst Seehofer den Nürnberger Nachrichten. Ähnlich äußerte
       sich Linken-Chef Dietmar Bartsch.
       
       Die türkische Regierung verwahrte sich gegen Kritik aus Deutschland.
       Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu fragte die Bundesregierung nach Angaben der
       staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu wörtlich: „Was geht dich das an?“
       
       3 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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