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       # taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Schön, reich – und gewalttätig
       
       > Die HBO-Serie „Big Little Lies“ klingt belanglos. Sie zeigt aber auch
       > häusliche Gewalt im weißen Wohlstandsmilieu. Eine wichtige Perspektive.
       
   IMG Bild: Celeste (Nicole Kidman) wird als ein Opfer häuslicher Gewalt gezeigt. Sie versucht, zu entkommen
       
       Monterey, Kalifornien. Eine Stadt wie eine Pinterest-Pinnwand: weiße
       Strände, Yachthafen und in die Klippen gebaute Villen mit Infinity-Pools.
       Hier wohnen die drei Mütter Madleine (Reese Witherspoon), Celeste (Nicole
       Kidman) und Jane (Shailene Woodley). Ihre Kinder besuchen die örtliche
       Grundschule; sie sitzen in Cafés, gehen joggen oder fahren mit SUVs die
       Küste entlang und kämpfen mit kleinen Problemen des Alltags: Das Kind ist
       unbeliebt, eine hat ihren Ehemann betrogen, das progressive Theaterstück
       soll abgesetzt werden.
       
       Einen Mord gibt es auch. Wer getötet wurde und wer die Mörder*in ist, wird
       jedoch erst in der letzten Folge enthüllt. Der Kriminalfall wird zum
       Nebenschauplatz: keine Verdächtigungen, keine überraschenden Besuche der
       Polizei, keine Ermittlungen.
       
       Die HBO-Serie „Big Little Lies“ klingt ziemlich belanglos. Die Schönen und
       Reichen gehen langsam an ihren Geheimnissen und Alltagsproblemen zugrunde.
       Nicht wirklich eine Neuerfindung des Dramas. Und auch der Cast entspricht
       erschreckend der Norm: alle sind privilegierte, weiße Menschen, deren
       Aussehen dem westlich geprägten Schönheitsideal entspricht; PoC- oder
       LGBTIQ-Protagonist*innen sucht man vergebens. Einzig die Hippie-Mutter
       Bonnie (Zoé Kravitz) ist nicht-weiß, doch ihre Rolle ist nur eine
       Aneinanderreihung von Klischees.
       
       Es sind die kleinen Dingen, die die Serie sehenswert machen. Großartige
       schauspielerische Leistungen von Frauen (Witherspoon! Kidman! Woodley!),
       detaillierte Erzählweise und atemberaubende Bilder der Westküste, mit Nebel
       überzogen statt in Sonne getunkt.
       
       Der Themenkomplex Gewalt, der sich in kleinen Geschichten durch die Serie
       zieht, wird zum bedeutendsten Handlungsstrang. Ein Kind wird in der Schule
       gemobbt. Jane wurde vergewaltigt und muss mit ihrem Trauma leben, ohne dass
       ihr Sohn davon etwas bemerkt.
       
       ## Häusliche Gewalt
       
       Celeste schließlich wird von ihrem Mann Perry (Alexander Skarsgård)
       geschlagen und gewürgt. Sie wird nicht als naive Frau dargestellt, sondern
       als ein Opfer von häuslicher Gewalt, die versucht, dieser zu entkommen. Sie
       schlägt zurück, versucht die Gewalt in ein sexuelles Spiel umzudeuten. Doch
       es gelingt ihr nicht. Als Perry herausfindet, dass Celeste sich eine eigene
       Wohnung mieten möchte, fürchtet man als Zuschauer*in um ihr Leben.
       
       Wie wichtig es ist, häusliche Gewalt zu zeigen – auch im weißen
       Wohlstandsmilieu –, verdeutlichen unverständliche Rezensionen aus den USA.
       Mike Hale erkennt in der New York Times zwar, dass Celeste ein Opfer von
       Gewalt ist, doch beschreibt er die Beziehung zu ihrem Mann trotzdem als
       „Fifty Shades territory“. Auch Robert Rorke in der NY Post schreibt von
       „S&M Sexspielen“.
       
       Die männlichen Autoren haben den Unterschied zwischen BDSM und Gewalt in
       einer Beziehung nicht verstanden. Denn die unangenehmen Szenen, in denen
       Celeste verprügelt und voller Angst auf dem Boden liegt und danach mit
       ihrem Mann schläft, haben nichts mit einvernehmlichen Fesselspielen aus
       „Fifty Shades“ zu tun.
       
       Das Thema häusliche Gewalt und die folgenden Traumata müssen weiter
       thematisiert und angeprangert werden. Auch in TV-Serien. Beim nächsten Mal
       dann aber gerne auch mit diverseren Protagonist*innen.
       
       9 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
       ## TAGS
       
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